Prospektiv statt retrospektiv – Einige Gedanken zur Entstehung des Vorlasserwerbs und seine Bedeutung für Literaturarchive

Dirk Weisbrod, Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt am Main

Zusammenfassung

„Vorlass” wurde in Deutschland als Begriff für Manuskripte und andere persönliche Dokumente geprägt, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller noch zu Lebzeiten an Literaturarchive übergeben. Abgesehen davon, dass manche von ihnen den Vorlass-Handel als einträgliche Verdienstmöglichkeit nutzen, verbirgt sich hinter dem Begriff eine Erwerbungs-Strategie der Literaturarchive. Die Entwicklung dieser Strategie fand vor dem bildungspolitischen und ökonomischen Hintergrund der US-amerikanischen Hochschulbibliotheken statt; sie hat danach auch andere englischsprachige Länder ergriffen. In Deutschland führte diese Erwerbungsstrategie hingegen lange ein Nischendasein. Dieser Beitrag erörtert die Entstehung des Vorlass-Handels in den USA und seine verzögerte Rezeption in Deutschland.

Summary

In recent years the German term „Vorlass” (premortem bequest) was coined to describe manuscripts and other personal papers which writers already hand over to special collections during their lifetime. Apart from the fact that some of them use the sale of papers as a source of income, it is also an acquisition strategy for special collections. The development of this strategy should be considered against the educational and economic background of the U.S. research libraries. It later spread also to the other English speaking countries. In Germany, however, this strategy has led a marginal existence for a long time. This article discusses the development of this acquisition strategy in the United States and its delayed reception in Germany.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2018H1S19-30

Autorenidentifikation: Weisbrod, Dirk: ORCID: http://orcid.org/0000-0002-9455-4527, GND: 1079147012

Schlagworte: Literaturarchive, Special Collections, Vorlass, Erwerbungsstrategien

1. Literaturarchive und Special Collections

Bei der Entwicklung und Umsetzung einer Erwerbungsstrategie stehen Literaturarchive vor der Entscheidung, ob sie lediglich Nachlässe erwerben oder Schriftsteller frühzeitig um die sukzessive Überlassung von Manuskripten in Form von Vorlässen bitten. Man könnte in diesem Zusammenhang von einer retrospektiven (Nachlässe) und einer prospektiven (Vorlässe) Strategie sprechen.1 Während die ersten Archive fast ausschließlich retrospektiv sammelten, begannen insbesondere US-amerikanische Einrichtungen Mitte des 20. Jahrhunderts prospektiv tätig zu werden. Die deutschen Literaturarchive hinkten dieser Entwicklung hinterher. Erst in den vergangenen 30 Jahren findet auch hierzulande der Vorlasserwerb in einem nennenswerten Umfang statt. Gründe für die unterschiedlichen Erwerbungskulturen sollen nachfolgend erkundet werden. Zum besseren Verständnis wird zunächst aber ein Blick auf die Entstehung jener Institutionen geworfen, die literarische Manuskripte in den beiden Einflusssphären sammeln und archivieren.

Bedeutend für die Entstehung des in Deutschland vorherrschenden Typus des Literaturarchivs waren Ende des 19. Jahrhunderts die Aufsätze Wilhelm Diltheys, in denen der Philosoph die Gründung von „Archiven für Literatur” forderte und die Aufgaben und Arbeitsmethoden solcher Einrichtungen beschrieb. In Folge der Reichsgründung 1871 sah Dilthey die Zeit für eine bewusste Pflege handschriftlicher Aufzeichnungen deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller gekommen. Es müsse nun für eine Zusammenlegung und die Erforschung der literarischen Nachlässe Sorge getragen werden. Stätte einer solchen Pflege sollten aber nicht mehr die Handschriftenabteilungen der Bibliotheken sein, die diese Aufgabe bisher nur unzureichend wahrnahmen. Stattdessen plädierte Dilthey für die Einrichtung von Staatsarchiven für Literatur, die ihre Aufgaben parallel zu den historischen Staatsarchiven, aber institutionell von ihnen getrennt, wahrnehmen sollten. Er postulierte somit eine selbstständige Forschungseinrichtung neben Bibliothek und Archiv.2

Diltheys Konzeption des Literaturarchivs als Forschungseinrichtung muss noch um einen weiteren Aspekt erweitert werden, wenn man den heute existierenden Typus des Literaturarchivs verstehen will. Beispielhaft hierfür ist die Entstehung des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt am Main, das als Bürgerbildungsverein 1859 gegründet wurde und 1863 das Geburtshaus Goethes in Frankfurt erwarb, um es als Gedenkstätte und Museum einzurichten. In der Folgezeit etablierte sich das Freie Deutsche Hochstift als Bildungsinstitution, die Vorträge und Ausstellungen für die Frankfurter Bürgerschaft organisierte. Im Rahmen seiner Aufgabe als Museumsträger erwarb das Hochstift seit Ende des 19. Jahrhunderts auch verstärkt Dichterhandschriften mit dem Schwerpunkt „Deutsche Romantik” und wandelte sich so zu einer Einrichtung bestehend aus Museum, Literaturarchiv und Graphischer Sammlung. Vergleichbare Entwicklungen begleiteten auch die Etablierung des Goethe- und Schillerarchivs in Weimar (seit 1885) und des Deutschen Literaturarchivs mit seinen Vorgängerinstitutionen (Schillermuseum und -archiv, Schiller-Nationalmuseum), bei denen der Forschungs- und Bildungsaspekt ebenfalls durch Archiv, Forschungsprojekte, Museum und Veranstaltungen abgedeckt wurde.3 Unabhängig von diesen selbständigen Einrichtungen sammeln zudem noch die großen Regionalbibliotheken, also Universitäts- und Landesbibliotheken, sowie Stadtbibliotheken, staatliche und kommunale Archive literarische Nachlässe. Wenn dort aufgrund der Größe der Nachlasssammlungen Literaturarchivabteilungen entstanden, konnten sie oft eine gewisse Eigenständigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung erlangen. Auch in diesen Institutionen wird die oben beschriebene Verzahnung von Bildung und Forschung gepflegt.4

Anders verhält es sich den angelsächsischen Ländern und insbesondere in den USA, wo literarische Manuskripte von „Special Collections” gesammelt werden. Special Collections entstanden, nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Universitätsbibliotheken zu umfangreichen Research Libraries ausgebaut wurden. Dabei entdeckte man zunächst die Relevanz seltener Drucke, die bis dahin mit anderen Medien zusammen aufbewahrt, jetzt aber in räumlich abgetrennte Rare Book Collections oder Libraries verlagert wurden. Sammelschwerpunkte innerhalb dieser Rare Book Libraries wurden in einem weiteren Schritt zu Special Collections ausgebaut, die – je nach Ausrichtung – schließlich auch literarische Manuskripte und Nachlässe erwarben.5 Special Collections sind somit fast ausschließlich an universitäre Forschungsbibliotheken angegliedert, wobei diese Bibliotheken von ihrem Selbstverständnis her nicht mit den Bibliotheken deutscher Hochschulen vergleichbar sind. Grund hierfür sind die Besonderheiten des amerikanischen Bildungssystems, auf dessen dezentrale Struktur in diesem Zusammenhang besonders geachtet werden muss. Der ausgeprägte Förderalismus der USA begünstigte die Entstehung einer lokal ausdifferenzierten Hochschullandschaft, die sich durch einen hohen Anteil an privaten Einrichtungen auszeichnete. Dies führte zu einem bis heute andauernden Wettbewerb zwischen den Universitäten, der mit der Notwendigkeit zur permanenten Profilierung und Innovation nicht zuletzt auch der dort verorteten Bibliotheken und Sammlungen einhergeht.6

Die enge Angliederung an Hochschulen und damit an die Besonderheiten der US-amerikanischen Hochschullandschaft sowie der im Vergleich zu den deutschen Pendants stärkere Akzent auf die Forschung zeichnen „Special Collections” aus und grenzen sie von den deutschen „Literaturarchiven” ab. Beide Begriffe bezeichnen somit zwar jene Stätten, an denen literarische Vor- und Nachlässe gesammelt, archiviert, erforscht und vermittelt werden. Den länderspezifischen Traditionen entsprechend sollten die Begriffe aber auch sauber getrennt werden.

2. Gründe für die Entwicklung prospektiver Erwerbungsstrategien in den USA

Nachdem die Verantwortlichen von Special Collections schon in den 1930er Jahren damit begonnen hatten, Manuskripte zeitgenössischer Autorinnen und Autoren zu erwerben, verstärkten sie diese Aktivitäten nach dem 2. Weltkrieg.7 Prototypisch für die seinerzeit vorherrschende Erwerbungsstrategie war der Aufbau jener Sammlung, die Dr. Harry Huntt Ransom (1908–1976) ab 1957 an der University of Texas in Austin betreute.8 Die heute unter dem Namen Harry Ransom Center bekannte Institution nutzte wie auch andere prominente Sammlungen ein gut ausgebautes Netzwerk von Autographenhändlern, um mit berühmten Autorinnen und Autoren oder deren Erben hinsichtlich der Nachlassdisposition in Kontakt zu treten.9 Ransom und sein Assistent und späterer Nachfolger Dr. F. Warren Roberts vertraten eine besonders aggressive Erwerbungspolitik, indem sie Privatsammlungen meistbietend aufkauften und so in relativ kurzer Zeit einen umfangreichen Bestand aufbauten. Infolgedessen wurde Ransom von Seiten anderer Bibliotheken angegriffen, die ihm vorwarfen, dass er sie über seine Pläne nur schlecht informiere und die Preise für Manuskripte hochtreibe.10 Noch heute steht in der US-amerikanischen Literaturarchivlandschaft das Kürzel GTT für den Ausdruck „Gone to Texas”. Archivmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Auktionshäuser teilen damit den – in vielen Fällen fast unvermeidlich erscheinenden – Verkauf literarischer Manuskripte an das Harry Ransom Center mit.11

Zu verstehen ist diese Lage nur, wenn man die oben schon angesprochene Wettbewerbslogik berücksichtigt. Thomas F. Staley, einer von Ransoms Nachfolgern, spricht in diesem Zusammenhang von amerikanischen Charakteristika. Diese konstituierten „a sense of competition, corporate as well as individual enterprise, a not naive belief in the achievement of distinction, yet a suspicion of the roots of that distinction.”12 Der Aufbau universitärer Sammlungen vollzog sich also in sehr starker Konkurrenzsituation. Diese Konstellation reichte über nationale Grenzen hinweg, da man die gesamte englischsprachige Literatur sammelte und demzufolge auch die Bibliotheken Großbritanniens, Kanadas und Australiens in den Wettbewerb um literarische Manuskripte hineingezogen wurden. Besonders in Großbritannien blickten namentlich die großen nationalen Institutionen wie das British Museum, die British Library und das Arts Council of Great Britain besorgt auf die US-amerikanischen Special Collections, die – so schien es – das kulturelle Erbe Großbritanniens flächendeckend aufkauften. Mit der Gründung der National Manuscript Collection of Contemporary Poets (NCMPP) unter Federführung des Poetry Panels of the Arts Council, das wiederum vom Britischen Kulturministerium alimentiert wurde, versuchte man 1963 gegenzusteuern. Wie hektisch und selektiv man auf die US-amerikanische Offensive reagierte, zeigt die Tatsache, dass man zunächst nur Lyriker und Lyrikerinnen sammelte – eine Beschränkung, die zwar für das Sammelprofil einer einzelnen Bibliothek sinnvoll, für eine nationale Strategie aber problematisch ist.13 Erst 1968 kamen dann mit der Umbenennung in National Manuscript Collection of Contemporary Writers (NMCCW) die Prosaschriftstellerinnen und -schriftsteller hinzu. Nach und nach übernahmen die großen Universitätsbibliotheken neben dem Britischen Museum und der British Library die Hauptlast des Sammelauftrages. Beispiele hierfür sind die Bodleian Library in Oxford und die John Rylands University Library in Manchester.14 Die nun international eskalierende Konkurrenzsituation heizte die Preisspirale für literarische Nachlässe nochmals an und benachteiligte finanziell schwächer ausgestattete Research Libraries vollends, sodass sie sich zur Entwicklung innovativer Erwerbungsstrategien gezwungen sahen.

3. William Matheson und die Weiterentwicklung des Vorlasserwerbs

Einen richtungsweisenden Ansatz entwickelte William Matheson seit 1964 an der Washington University Library, St. Louis, Missouri. Charakteristisch für Mathesons Erwerbungsprogramm war, dass ausschließlich Schriftstellerinnen und Schriftsteller gesammelt wurden, die noch nicht verstorben waren. Den Autographenhandel sowie den Nachlasserwerb von Erben schloss Matheson als Erwerbungsquellen konsequent aus. Um dem vor Ort bestehenden Forschungsprofil Rechnung zu tragen, bezog er Lehrkräfte mit ein, die zur Universität gehörten. Sie sollten Autorinnen und Autoren vorschlagen, „who were

1. to some degree neglected or underestimated, and/or

2. on the threshold of greater recognition, and

3. not to their knowledge already extensively committed to another library.”15

Durch diesen Ansatz konnte sich Matheson beim Aufbau der Sammlung auf junge oder noch wenig bekannte Autorinnen und Autoren konzentrieren. Deren Manuskripte waren mangels Interesse der Konkurrenz zu vertretbaren Preisen verfügbar. Er erwarb die Dokumente somit direkt aus den persönlichen Archiven – als Vorlass. Statt des teuren Autographenmarktes trat der langfristige Kontakt mit Autorinnen und Autoren in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Das von der Washington University Library verfolgte Programm markiert eine Extrem-Position, die nicht lange zu halten war. Denn schon länger hatten auch die Marktführer unter den Special Collections Kontakt zur Schriftstellerszene gehalten, um sich je nach Reputation frühzeitig die Rechte an einem Nachlass zu sichern. So legte etwa Charles D. Abbott (1900–1961), Leiter der Lockwood Memorial Library der University of Buffalo, New York, noch vor dem 2. Weltkrieg ein Programm auf, das gezielt die persönlichen Archive zeitgenössischer Lyrikerinnen und Lyriker englischer Sprache erwarb.16 Diese Bemühungen wurden ausgeweitet, als man bemerkte, dass man aktuelle literarische Strömungen durch den Kontakt mit den Autorinnen und Autoren frühzeitig erkennen und erforschen konnte.17 Es war also auch möglich, mit Vorlässen das Forschungsprofil einer Universität zu schärfen.18 Die angesprochenen Autorinnen und Autoren entdeckten daraufhin den Marktwert ihrer Aufzeichnungen und auch bei Vorlässen schnellten die Preise in die Höhe. Schriftstellerinnen und Schriftsteller traten nun selbst als Marktakteure auf oder beauftragten Zwischenhändler und Auktionshäuser mit dem Verkauf von Vorlässen aus ihrem persönlichen Archiv. Diese Praxis hat sich so weit durchgesetzt, dass sogar nicht-kommerzielle Autorinnen und Autoren sie als Einkommensquelle nutzen.19

Prospektive Erwerbungsstrategien beeinflussten nach und nach auch die NMCCW in Großbritannien. Zeitweise ging man sogar so weit, die Erwerbung von Nachlässen über den Handel überhaupt nicht mehr zu fördern und stattdessen nur die Akquise bei lebenden Schriftstellerinnen und Schriftstellern vorzusehen.20 Zusammenfassend kann man sagen, dass spätestens seit den 1960er Jahren die Erwerbungsstrategien in den englischsprachigen Ländern – neben den üblichen Kontakten zu Erben, Autographenhändlern und Auktionshäusern – verstärkt die aktive Einwerbung von Vorlässen vorsahen.21

Die Gründe für die Entstehung des Vorlasshandels lagen somit zunächst in der beschriebenen Konkurrenzsituation und dem daraus resultierenden Wunsch, alternative Erwerbungsstrategien zu entwickeln. Dann aber wurde der Vorlasshandel selbst kommerzialisiert, da sich mit seiner Hilfe wiederum das Forschungsprofil einer Hochschule schärfen ließ.

4. Die Situation in Deutschland

Im Vergleich zur sehr dynamischen Entwicklung in den USA und anderen englischsprachigen Ländern wurden prospektive Erwerbungsmethoden in Deutschland zeitlich erst viel später üblich. Diese Aussage gilt ungeachtet der Tatsache, dass schon die ersten Literaturarchive Kontakte zur Autorenschaft pflegten; so etwa in Marbach, wo ein Jahr vor Einweihung des Schillermuseums der Kontakt zu Wilhelm Raabe hergestellt wurde.22 Denn bei diesen Fällen kann man kaum von einem zielgerichteten Vorgehen sprechen, beschränkten sich die Aktivitäten doch auf besonders namhafte Personen, mit dem Ziel, deren Manuskripte rechtzeitig zu akquirieren und – bei Erfolg – Materialsichtungen vorzunehmen. Bevor prospektive Erwerbungsstrategien bewusst von den Archiven angewandt wurden, sollte noch einige Zeit vergehen. So erwähnte der damalige Direktor des Deutschen Literaturarchivs, Bernhard Zeller, noch 1981 anlässlich eines Vortrags die Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren nur am Rande. Die Akquise erfolgte, daran lassen seine Ausführungen keinen Zweifel, zu dieser Zeit überwiegend über testamentarische Verfügungen oder über Erben sowie Zwischenhändler.23 Diese Beobachtung bestätigt Ulrich Ott mit der Bemerkung, dass „von etwa 1980 an [...] die Autoren selbst, noch zu ihren Lebzeiten, zu disponieren” begannen.24 Erst ab 1990 traten dann neben den retrospektiven auch prospektive Erwerbungsstrategien häufiger auf, sodass man heute auf eine kaum mehr als dreißigjährige Praxis zurückblicken kann. Auf der Suche nach Gründen für die Vernachlässigung prospektiver Erwerbungsstrategien gibt Ott eine erste Antwort, indem er auf die Aufarbeitung der Kriegs- und Teilungsschäden nach 1945 hinweist. Diese Aufarbeitung und die anschließende Modernisierung des Bibliothekswesens nahmen Jahrzehnte in Anspruch. Dadurch verzögerte sich, so Ott, die Beschäftigung mit modernen Dichterhandschriften.25

Eine plausibler erscheinende Erklärung bietet sich jedoch, wenn man auf die Strukturen der deutschen Literaturarchivlandschaft blickt, die im Gegensatz zu der in den USA vorangetriebenen und später von anderen angelsächsischen Ländern adaptierten Wettbewerbssituation gerade nicht aus miteinander konkurrierenden Institutionen besteht. Vielmehr gibt es eine gut funktionierende Koordination und Kooperation der Archive untereinander. Deren Aktionsräume sind alleine schon durch Planungspapiere wie dem Bibliotheksplan 73 und Bibliotheken 93 sowie durch die historisch gewachsenen und in den Konstitutionen der großen Institute fixierten Sammelprofile determiniert, was den Wettbewerb weitgehend eindämmt. Da die deutschen Literaturarchive öffentlich gefördert werden, besteht ein impliziter Wettbewerbsvorbehalt, der Absprachen bei Erwerbungsvorhaben zur Regel macht und das gegenseitige Preistreiben verhindert.26 Einen weiteren Schritt zur nationalen und internationalen Kooperation machten die Literaturarchive 1996 schließlich in Österreich mit der Gründung des Literaturarchiv-Netzwerks KOOP-LITERA. 2008 folgten dann mit KOOP-LITERA Deutschland und KOOP-LITERA Schweiz Gründungen in den Nachbarländern, die sich im Jahr darauf mit den Österreichern zu KOOP-LITERA international zusammenschlossen.27 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Literaturarchive hatten somit gar keinen Grund, wie ihre US-amerikanischen Kolleginnen und Kollegen auf lebende oder gar junge und weniger bekannte Schriftstellerinnen und Schriftsteller zuzugehen, um aus einer Preisspirale für literarische Nachlässe auszubrechen.

5. Prospektive Strategien im Spannungsfeld von Gipfel- und Netzprinzip

Damit entfiel zunächst der Antrieb, seitens der Literaturarchive prospektive Erwerbungsstrategien zu entwickeln. In dieses Bild passt auch die Feststellung Ulrich Otts, dass die Autoren irgendwann selbst zu disponieren begannen. Berühmtheit erlangte hierbei Peter Rühmkorff, der den sukzessiven Verkauf eigener Aufzeichnungen an das Deutsche Literaturarchiv Marbach als eine dauerhafte Erwerbungsquelle nutzte.28 Es ist gut möglich, dass ihm und anderen die komfortable Situation der amerikanischen Kolleginnen und Kollegen vor Augen stand, die infolge des florierenden Vorlasshandels gut am Verkauf eigener Manuskripte verdienten. In Deutschland ist jedenfalls zu beobachten, dass es neben den immer schon bestehenden Kontakten von Seiten der Literaturarchive vor allem die Autorinnen und Autoren waren, die auf die Archive zugingen. In den letzten Jahrzehnten rückten damit auch Vorlässe stärker in den Fokus der Archive, wie Jochen Meier 2002 vom Deutschen Literaturarchiv berichtete: „Im glücklichsten Fall mag sich so etwas wie symbiotische Teilhabe des Literaturarchivars an der vom Autor mit seinen aufgehäuften Manuskripten, Korrespondenzen und Dokumenten präsentierten und stilisierten Lebens- und Werkentelechie ergeben.”29 Auch wenn eine solch enge Zusammenarbeit nicht immer die Regel ist, werden prospektive Erwerbungsstrategien heute von den deutschen Literaturarchiven als wichtiger Bestandteil ihrer Akquisitionsbemühungen angesehen.30 Die zunehmende Bedeutung prospektiven Vorgehens wird auch daran kenntlich, dass zwischenzeitlich vom Deutschen Literaturarchiv der Begriff „Vorlass” geprägt wurde, um die prospektiv akquirierten Bestände von den posthum erworbenen Nachlässen abzugrenzen.31

An dieser Stelle muss noch auf einen weiteren Unterschied hingewiesen werden. Die prospektiven Erwerbungsstrategien deutscher Archive sehen in der Regel nicht die Zusammenarbeit mit jungen oder noch unbekannten Autorinnen und Autoren vor. Dem steht die hiesige Erwerbungskultur entgegen, bei der in der Regel nur die wirklich relevanten Persönlichkeiten erfasst werden sollen, seien sie je nach Sammelauftrag nun von epochaler, nationaler oder regionaler Bedeutung. Das Deutsche Literaturprinzip bezeichnet dieses Vorgehen mit dem Begriff des „Gipfelprinzips”.32 Aufgrund der kooperativen Strukturen können Entwicklungen ohnehin wesentlich ruhiger abgewartet und Autorinnen und Autoren dann in den Bestand aufgenommen werden, wenn sie ihre Reputation bereits erworben haben. Das Risiko von Fehlgriffen erscheint aus dieser Perspektive gerade bei jungen und noch unbekannten Schriftstellerinnen und Schriftstellern sehr groß und der Aufwand, der mit der Ansprache dieser Gruppe verbunden ist, als nicht gerechtfertigt – wer weiß a priori schon, wer davon wirklich bedeutend wird. Das führt auch dazu, dass Angebote von weniger bedeutenden Autorinnen und Autoren abgewiesen werden. Wie eine Untersuchung des Verfassers ergab, befürchten die Archive bei einer Lockerung der bestehenden Sammelrichtlinien sogar deren „unangemessene Kanonisierung”.33 Stattdessen ergänzt man die vorhandenen, prominenten Bestände durch gezielte Erwerbungen aus dem literarischen Umfeld, um „die Verbindungen in literarischen Zirkeln zu erfassen” – auch wenn die dabei erfassten Autorinnen und Autoren weniger bedeutend sind. Deswegen gehören auch Verlagsarchive zu den Sammelobjekten der deutschen Literaturarchive, da diese ja solche Verbindungen umfassend abbilden. In Ergänzung des Gipfelprinzips wird dieses Vorgehen als „Netzprinzip” bezeichnet.34 Außerdem müssen sich die Archive durchaus mit Lücken abfinden, haben sie es doch vielfach mit einer sehr selbstbewussten Autorenschaft zu tun, die festlegt, wo ihr Vor- oder Nachlass archiviert werden soll. Ein frühes Beispiel dafür ist Heinrich Böll, der seinen Nachlass dem Stadtarchiv Köln übergab.

Vielleicht ist eine Erwerbungskultur, die sich gezielt auf bekannte Autorinnen und Autoren konzentriert und junge und noch unbekannte von den Sammelprofilen der Archive weitgehend ausschließt, ein Grund dafür, dass sich auch in der jüngsten Zeit eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Erwerb von Vorlässen in Deutschland nachweisen lässt. Noch 2014 musste Silke Becker eine prospektivere Vorgehensweise der Literaturarchive einfordern; in diesem Fall, um die dauerhafte Verfügbarkeit digitaler Objekte sicherzustellen.35 Beckers Einlassung weist darauf hin, dass im Falle digitaler Manuskripte ein prospektives Vorgehen deren Langzeitarchivierung erleichtern könnte. Denn nur in Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren ist es möglich, die unter Umständen sehr langen Phasen von der Entstehung eines digitalen Dokuments bis zu dessen Übergabe an ein Literaturarchiv zu verkürzen und bestandserhaltende Maßnahmen am digitalen Objekt so früh wie möglich einzuleiten.36 Es wird abzuwarten sein, ob sich unter diesem Vorzeichen prospektive Erwerbungsstrategien in Deutschland stärker durchzusetzen vermögen als bisher.

6. Zusammenfassung

Betrachtet man Literaturarchive und Special Collections sowie die Entwicklung der Erwerbungsstrategien in diesen Institutionen, so waren es vor allem die strukturellen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die zuerst in den USA und dann in anderen englischsprachigen Ländern die Entwicklung prospektiver Erwerbungsstrategien förderten. Die Verortung der Special Collections an Universitäten, der Schwerpunkt auf die Forschung und die vorherrschende Wettbewerbslogik drängte finanziell schwache Einrichtungen dazu, alternative Erwerbungsquellen zu entdecken und junge und noch unbekannte Autorinnen und Autoren anzusprechen. Allerdings entdeckten die Special Collections und die Autorenschaft selbst den Vorlasshandel als Reputations- und Erwerbungsquelle für sich, sodass der Wettbewerb auch um Vorlässe begann.

In Deutschland fehlte diese Dynamik. Hier mildern bis heute der durch die öffentliche Finanzierung gebotene Wettbewerbsvorbehalt, historisch gewachsene und kooperativ ausgerichtete Erwerbungsprofile sowie Absprachen das Konkurrenzdenken der Literaturarchive. Auch eine Erwerbungskultur, die sich an den bedeutenden Autorinnen und Autoren ausrichtet, ließ den Einsatz prospektiver Erwerbungsstrategien lange als nicht geboten erscheinen, sieht man einmal von der Kontaktpflege mit herausragenden Persönlichkeiten ab. In den letzten 30 Jahren ist allerdings eine Änderung hin zu prospektiven Ansätzen zu beobachten, die nicht zuletzt durch Autorinnen und Autoren befördert wurde, die den Vorlasshandel als Erwerbungsquelle entdeckten und selbst auf die Literaturarchive zugingen. Ob prospektive Ansätze in Zukunft hierzulande eine noch stärkere Beachtung finden, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Vor dem Hintergrund steigender digitaler Erwerbungen und der damit verbundenen Frage der Langzeitarchivierung wäre das aber wünschenswert.

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1 Die zweite Variante ist selbstverständlich nur für Literaturarchive praktikabel, die Nachlässe zeitgenössischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller sammeln.

2 Vgl. Wilhelm Dilthey, „Archive für Literatur,” Deutsche Rundschau (1889): 363–374; Wilhelm Dilthey „Archive der Literatur in ihrer Bedeutung für das Studium der Geschichte der Philosophie,” in Gesammelte Schriften. Band 5, (Leipzig, 1921), 555–575.

3 Vgl. Ernst Beutler, „Literaturarchive,” in Forschungsinstitute, hrsg. Ludolph Brauer (Hamburg: Hartung, 1930), 231–255.

4 Eine Übersicht über Literaturarchive an Regionalbibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt Ludger Syré, Hrsg., Dichternachlässe: Literarische Sammlungen und Archive in den Regionalbibliotheken von Deutschland, Österreich und der Schweiz, Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 98 (Frankfurt am Main: Klostermann, 2009).

5 Eine ausführliche Darstellung der Entwicklung von Rare Book and Manuscript Libraries sowie der darin enthaltenen Special Collections gibt William Joyce, „The Evolution of the Concept of Special Collections in American Research Libraries,” Rare Books and Manuscripts Librarianship 3, Nr. 1 (1988).

6 Eine Übersicht über die Entwicklung des US-Hochschulwesens mit den entsprechenden Quellen gibt Marius R. Busemeyer, „Bildungspolitik in den USA: Eine historisch-institutionalistische Perspektive auf das Verhältnis von öffentlichen und privaten Bildungsinstitutionen,” Zeitschrift für Sozialreform 53, Nr. 1 (2007): 60–67.

7 Vgl. Anthony Rota, „The Collecting of Twentieth-Century Literary Manuscripts,” Rare Books and Manuscripts Librarianship 1, Nr. 1 (1986): 40.

8 Weitere Special Collections mit dem Schwerpunkt literarische Nachlässe sind die Lilly Library der Indiana University in Bloomington, deren umfangreiche Manuskriptsammlung von dem Industriellen Josiah K. Lilly jr. gestiftet wurde, die Beinecke Rare Book and Manuscript Library an der Yale University und die Emory University’s Manuscripts, Archives, and Rare Books Library (MARBL) in Atlanta, Georgia.

9 Vgl. Rota, „The Collecting of Twentieth-Century Literary Manuscripts,” 39–44 und Thomas F. Staley, „Literary Canons, Literary Studies, and Library Collections: A Retrospective On Collecting Twentieth-Century Writers,” Rare Books and Manuscripts Librarianship 5, Nr. 1 (1990): 13–15.

10 Vgl. Staley, „Literary Canons,” 19–20.

11 Vgl. D. T. Max, „Final Destination: Why do the archives of so many great writers end up in Texas?,” The New Yorker, 11.06.2007, zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://www.newyorker.com/magazine/2007/06/11/final-destination und Jürgen Thaler, „Zur Praxis der Vorlassbepreisung,” Vortrag bei der KOOP-LITERA Österreich Tagung, Salzburg, 29.04.2016.

12 Staley, „Literary Canons,” 11–15.

13 Vgl. Jamie Andrews, „„Laid aside”? Collecting contemporary literary archives and manuscripts,” Archives 35, Nr. 122 (2010): 12.

14 Mit der Auflösung der NMCCW 1979 schied das Arts Council aus den Sammelbestrebungen aus und für gut 25 Jahre fehlte ein nationales Netzwerk, zu dem man erst 2005 mit der Gründung der Group for Literary Archives and Manuscripts (GLAM) und der UK Literary Heritage Working Group (UKLH) zurückkehrte. Während GLAM die Zusammenarbeit von Bibliotheken und Archiven stärken soll, übernimmt die UKLH als Gremium jene Aufgabe, die zuvor in Händen der NMCCW lag. Beide Organisationen sollen durch die Entwicklung einer nationalen Strategie den Verkauf von Manuskripten ins Ausland drosseln. Vgl. Andrews, „Laid aside,” 16.

15 William Matheson, „An Approach to Special Collections,” American Libraries 2, Nr. 11 (1971): 1151.

16 Vgl. Andrews, „Laid aside,” 12.

17 Staley schreibt hierzu: „At one time it was easy to ignore the importance of the research library in the development of the study of recent literature, with the acquisition of authors’ literary archives – usually acquired from descendants many years after an author’s death when his or her reputation was more or less fixed – a mere ratification of the then current established literary values. For the past half-century, however, research libraries have been active agents, betting as it were on less solid reputations and in the process frequently solidifying or enhancing them. In fact, during the 1970s libraries were often, as a matter of course, out in front of critical reputations. „ Vgl. Staley, „Literary Canons,” 10.

18 Vgl. Libbie Rifkin, „Association/Value: Creative Collaborations in the Library,” RBM: A Journal of Rare Books, Manuscripts, and Cultural Heritage, Nr. 2 (2001): 126–135. Rifkin zeigt an drei Beispielen, wie sich seit Beginn der 1960er Jahre der Vorlasshandel entwickelte. Zudem analysiert sie den Einfluss von Erwerbungsprofilen und langjährigen Partnerschaften auf die Literaturproduktion.

19 „The business of selling materials to institutional collections is one in which even the most noncommercial writers engage.” (Rifkin, „Association/Value: Creative Collaborations in the Library,” 126.)

20 Vgl. Andrews, „Laid aside,” 15.

21 Seit den 1970er Jahren verdrängten in den USA Auktionshäuser zunehmend die Autographenhändler. Vgl. hierzu Kenneth W. Rendell, „The Future of the Manuscript and Rare Book Business,” RBM: A Journal of Rare Books, Manuscripts, and Cultural Heritage, Nr. 2 (2001): 17–18.

22 Vgl. Ulrich Ott und Friedrich Pfäfflin, „1895–1995. Hundert Jahre Schwäbischer Schillerverein – Deutsche Schillergesellschaft,” in Marbach. Rückblick auf ein Jahrhundert. 1895–1995, Marbacher Schriften 43 (Deutsche Schillerges., 1996), 32–36.

23 Vgl. Bernhard Zeller, Autor, Nachlaß, Erben: Probleme der Überlieferung von Literatur, Abhandlungen der Klasse der Literatur / Akademie der Wissenschaften und der Literatur 1981/82,2 (Mainz: Akad. der Wiss. und der Literatur [u.a.], 1981), 16–18.

24 Ulrich Ott, „Probleme der Literaturarchive und Museen,” in Literaturarchive und Literaturmuseen der Zukunft: Bestandsaufnahme und Perspektiven; Dokumentation einer Tagung des Literaturrates Niedersachsen e.V. Hannover und der Evangelischen Akademie Loccum in Zusammenarbeit mit der AG Literaturräte der Bundesrepublik und der Niedersächsischen Landesbibliothek vom 10. bis 12. Mai 1999, hrsg. Angelika Busch, 1. Aufl., Loccumer Protokolle [19]99,18 (Rehburg-Loccum: Evang. Akad. Loccum Protokollstelle, 1999), 39.

25 Vgl. Ott, „Probleme der Literaturarchive und Museen,” 40.

26 Vgl. Johannes Rogalla von Bieberstein, Literarische Nachlässe in Nordrhein-Westfalen: Erhebung u. Gutachten (Köln: Greven, 1979), 28 und Jens Schröder, „Die Wortschatzhüter,” GEO, Nr. 1 (2010): 93.

27 Lt. Webseite von KOOP-LITERA international. Vgl. „KOOP-LITERA international: Das Kompetenz-Netzwerk für Nachlässe,” zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://www.onb.ac.at/koop-litera/index.html.

28 Vgl. zum Thema Vorlässe in Deutschland auch Tilman Lahme, „Auf der Jagd nach den Zettelkästen der Zukunft,” F.A.Z., 30.06.2007, zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/schriftsteller-auf-der-jagd-nach-den-zettelkaesten-der-zukunft-1433906.html.

29 Jochen Meyer, „Pedanten und Chaoten: Notizen zu einer Nachlass- und Nachlasser-Typologie,” Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 49, Nr. 2 (2002): 55–58. Meyer beschreibt am Beispiel Franz Tumlers, Ernst Jüngers und Stephan Hermlins seine Zusammenarbeit mit Autoren.

30 Vgl. Schröder, „Die Wortschatzhüter,” 84–86.

31 Vgl. „Was vom Dichter bleibt: Über Vor- und Nachlässe und den Nachruhm von Autoren,” Beitrag des Deutschlandfunk Kultur vom 05.06.2016, zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://www.deutschlandfunkkultur.de/deutsches-literaturarchiv-was-vom-dichter-bleibt.976.de.html?dram:article_id=321682.

32 Vgl. „Stellungnahme zum Deutschen Literaturarchiv Marbach,” 47, zuletzt geprüft am 26.10.2017, https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7976-07.pdf.

33 Vgl. Dirk Weisbrod, „Die präkustodiale Intervention als Baustein der Langzeitarchivierung digitaler Schriftstellernachlässe,” Dissertation (Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft Humboldt-Universität zu Berlin, 2015), 304–205, zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:11-100233595.

34 Vgl. Schröder, „Die Wortschatzhüter,” 94.

35 Vgl. Silke Becker, Born-digital-Materialien in literarischen Nachlässen: Auswertung einer quantitativen Erhebung (Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, 2014), 71, zuletzt geprüft am 26.10.2017, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:11-100214023.

36 Ein Eingehen auf das Problem der Langzeitarchivierung digitaler Vor- und Nachlässe würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Eine eingehende Erörterung dieses Themas findet sich in der Dissertation des Verfassers. Vgl. Weisbrod, „Die präkustodiale Intervention als Baustein der Langzeitarchivierung digitaler Schriftstellernachlässe,” 30–66.