Aus der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Am 7. und 8. Februar 2019 ist der Ausschuss für Wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme (AWBI) zu seiner ersten von insgesamt drei Sitzungen in diesem Jahr zusammengekommen. Folgende Themen standen im Fokus der Diskussionen:
Umsetzung des Positionspapiers „Förderung von Informationsinfrastrukturen für die Wissenschaft“
Auf der Basis des im Jahr 2018 verabschiedeten Positionspapiers „Förderung von Informationsinfrastrukturen für die Wissenschaft“ hat sich der AWBI mit der Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen befasst. Dabei wurde deutlich, dass das Aufgabenspektrum der Gruppe über die Betreuung der im Positionspapier dezidiert angesprochenen Förderprogramme hinausgeht und bei der Umsetzung der Maßnahmen daher die geschäftsstelleninternen Projekte „Digitaler Wandel in den Wissenschaften“ und „Wissenschaftliches Publikationswesen“ ebenso zu berücksichtigen sind wie der Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI).
So steht die Maßnahme des Positionspapiers zur Förderung von Publikationsgebühren in engem Zusammenhang mit dem Projekt „Wissenschaftliches Publikationswesen“, das auf Wunsch des Senats der DFG zum einen darauf zielt, eine Positionierung zu Entwicklungen des Publikationswesens im Zusammenhang mit der Bewertung von Forschungsleistungen zu erarbeiten. Zum anderen wird die Publikationsfinanzierung der DFG in der Forschungsförderung untersucht. Zum zweiten Punkt lag dem AWBI eine Auswertung der Publikationsfinanzierung der DFG für die Jahre 2010 bis 2016 vor. Durch diese Aufarbeitung werden die Mittelflüsse aus der DFG in den wissenschaftlichen Publikationssektor transparent. Vor dem Hintergrund von Open-Access-Transformation und dem nun vorliegenden ersten Abschluss eines DEAL-Vertrages sollten geeignete, komplementäre Mechanismen zur Publikationsfinanzierung etabliert werden. Dafür ist es auch erforderlich, an den wissenschaftlichen Einrichtungen Transparenz über die Arten und Höhen der Mittelflüsse für Publikationen zu erzielen und dafür geeignete Workflows und Strukturen einzurichten. Vor dem Hintergrund der Open-Access-Transformation besteht auch an wissenschaftlichen Einrichtungen die Notwendigkeit, eine Übersicht über Kosten für Publikationen und die Mittel, die von Fakultäten und Forschenden für die Publikation eingesetzt werden, zu erhalten.
Kompetenzzentrum für Lizenzierung
Das Kompetenzzentrum für Lizenzierung wird seit 2014 durch die DFG gefördert. Als Serviceeinrichtung für die Fachinformationsdienste für die Wissenschaft (FID) bündelt es die Beschaffung kostenpflichtiger digitaler Ressourcen und übernimmt die Abwicklung damit verbundener organisatorischer und technischer Prozesse. Zudem entwickelt es geeignete Lizenz- und Bereitstellungsmodelle. Anknüpfend an die Evaluierung des Förderprogramms „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ hat sich der AWBI eingehend mit dieser Querschnittsaufgabe im Gesamtsystem FID befasst. Dabei hat sich der AWBI dafür ausgesprochen, bei einer Weiterentwicklung des Kompetenzzentrums nicht nur die weitere FID-Programmentwicklung zu berücksichtigen, sondern auch darüber hinausgehende Entwicklungen im Gesamtkontext der überregionalen Lizenzierung zu betrachten. Dazu gehören auch die Ergebnisse der kurz vor dem Abschluss stehenden Evaluierung der Förderprogramme „Überregionale Lizenzierung“ und „Open Access Publizieren“. Noch auszuwerten sind die bisherige Entwicklung bzw. die Entwicklungspotenziale der sogenannten FID-Lizenzen. Dabei handelt es sich um ein neu eingeführtes Lizenzierungsmodell, das im Zuge der Neukonzeptionierung der FID entstanden ist und sich auf fachlich definierte Nutzergruppen bezieht.
Ausschreibung „Digitalisierung und Erschließung archivalischer Quellen“
Der AWBI hat sich über die zweite Runde der Ausschreibung „Digitalisierung archivalischer Quellen“ informiert. Von den 21 eingereichten Anträgen konnten 15 mit einem Gesamtvolumen von rund 1,72 Mio. Euro bewilligt werden. Die Begutachtungsgruppe, die sich aus fachwissenschaftlichen und informationsfachlichen Gutachterinnen und Gutachtern zusammensetzte, sprach sich einhellig dafür aus, das Förderangebot weiterzuführen. Die wissenschaftliche Relevanz archivalischer Quellen steht zweifelsfrei fest, und die verbesserte Zugänglichkeit zu den auf eine hohe Anzahl von Institutionen verteilten Materialien stellt eine nicht zu unterschätzende Unterstützung für die Forschung dar. Angeregt wurde, die Rückgratbestände der Archive, die unterschiedliche Fragestellungen zulassen, verstärkt in den Blick zu nehmen. So kann ein breiterer, aber auch strukturierterer Einstieg in die Digitalisierung archivalischer Quellen ermöglicht werden. Gleichzeitig wurde vorgeschlagen, dass die Digitalisierungsprojekte mit Erschließungskomponenten kombiniert werden können.
Der AWBI hat sich den Vorschlägen der Begutachtungsgruppe angeschlossen und sich für die Veröffentlichung einer dritten Ausschreibungsrunde ausgesprochen.1
Ausschreibung „Digitalisierung historischer Zeitungen des deutschen Sprachgebietes“
Im vergangenen Jahr war zudem die erste Runde der Ausschreibung „Digitalisierung historischer Zeitungen des deutschen Sprachgebietes“ durchgeführt worden. Eingereicht worden waren 20 Anträge; davon konnten elf Anträge mit einem Gesamtvolumen von 2,062 Mio. Euro bewilligt werden. Erfreulich war aus Sicht des AWBI, dass alle Anträge eine Volltexterkennung vorgesehen hatten, obwohl die Ausschreibung auch die Möglichkeit einer reinen Imagedigitalisierung zugelassen hatte. Die Förderung der Digitalisierung regionaler Zeitungen war im Rahmen der Ausschreibung nicht vorgesehen. Trotzdem wurden auch Projekte bewilligt, die die Digitalisierung regionaler Zeitungen zum Gegenstand hatten. Sie hatten überzeugend dargestellt, warum die jeweilige Zeitung, beispielsweise durch historische, in der Region zu einem bestimmten Zeitpunkt auftretende Ereignisse, die Schwelle der ausschließlich regionalen Bedeutung überschreitet.
Auch die Ausschreibung zur Digitalisierung historischer Zeitungen des deutschen Sprachgebietes soll wiederholt werden. In der zweiten Ausschreibungsrunde soll darauf hingewirkt werden, dass in Anträgen die wissenschaftliche Relevanz der zu digitalisierenden Zeitungen besser dargestellt wird. Zudem wurde seitens der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf hingewiesen, dass gerade die Digitalisierung großer Zeitungsunternehmen ein Desiderat darstellt. Auch wenn grundsätzlich weiterhin die Digitalisierung des vollständigen Verlaufs einer Zeitung angestrebt werden soll, können sich Projekte auch auf einen zeitlich begrenzten Ausschnitt einer Zeitung beziehen, um so überschaubar dimensionierte Vorhaben zu konzipieren und damit dem Forschungsinteresse zu begegnen.
Bewertung des Förderprogramms „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“
Das Programm „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“ war 2013 eingerichtet worden. Vorgesehen war von Anfang an, das Programm nach Ablauf von fünf Jahren einer Bewertung zu unterziehen. Dazu hatte der AWBI eine Kommission eingesetzt, die ihre Arbeit inzwischen beendet hat. Der AWBI hat sich nun dafür ausgesprochen, die Bewertungsstudie zu dem Förderprogramm2 sowie die Empfehlungen der Kommission zur Weiterführung des Programmes3 zu veröffentlichen.
Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
Die DFG wird eine zentrale Rolle beim Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) übernehmen.4 Die NFDI soll die Datenbestände von Wissenschaft und Forschung systematisch erschließen, nachhaltig sichern und zugänglich machen sowie (inter-)national vernetzen. Sie wird in einem aus der Wissenschaft getriebenen Prozess als vernetzte Struktur eigeninitiativ agierender Konsortien aufgebaut werden. Vorgesehen sind drei Antragsrunden. Für die Förderung von Konsortien stehen pro Jahr 85 Mio. Euro (inklusive Programmpauschale) für die nächsten zehn Jahre zur Verfügung. Nach Maßgabe der Bund-Länder-Vereinbarung wird die DFG das Verfahren zur Begutachtung der Konsortien durchführen und Förderempfehlungen an die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) formulieren. Zu den von der DFG wahrzunehmenden Aufgaben gehören damit auch die Beschreibung des Fördergegenstands „Konsortium“, die Vorgaben zur Antragsberechtigung, die Formulierung von Förderkriterien sowie die Mittelbewirtschaftung.
Mit der Entscheidung des Hauptausschusses der DFG, das Auswahl- und Begutachtungsverfahren für die NFDI-Konsortien zu übernehmen, wurde auch das NFDI-Expertengremium eingesetzt. Die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums fand Ende Januar 2019 in Bonn statt. Hauptaufgaben des Expertengremiums werden die Bewertung der Anträge auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen, informationstechnischen und strukturbezogenen Begutachtung sowie die Formulierung der Förderempfehlungen an die GWK sein. Es ist aber auch konzeptionell verantwortlich für das Auswahlverfahren und die Ausschreibungsunterlagen. Zu Beginn des Aufbaus der NFDI steht die Vernetzung, Beratung und Koordination der Konsortien im Vordergrund. Dies findet je Antragsrunde im Rahmen einer NFDI-Konferenz statt, die auch der Selbstorganisation und Abstimmung der Konsortien dient. Anschließend erfolgt der Begutachtungs- und Bewertungsprozess. Im Sommer 2020 sollen die Förderentscheidungen der GWK für die erste Antragsrunde vorliegen.
Rundgespräch zur Initiative „Resource Access in the 21st Century (RA21)“
Der AWBI hatte sich im vergangenen Jahr mit der Initiative „Resource Access in the 21st Century“ befasst. Die Initiative, hinter der vor allem die International Association of Scientific, Technical and Medical Publishers (STM Association) steht und die mit der amerikanischen Standardisierungsagentur NISO gemeinsam organisiert wird, dient der Abschaffung des IP-Zugangs zu subskribierten Inhalten und der Implementierung von individualisierten Zugangswegen. Diese Initiative hat Befürchtungen hervorgerufen, dass personalisierte Zugangs- und Nutzungsdaten bei Verlagen aggregiert werden. In einem DFG-geförderten Rundgespräch, das von der dbv-Kommission Erwerbung und Bestandsentwicklung organisiert worden ist, haben sich daher Expertinnen und Experten aus allen relevanten Bereichen und Organisationen unter Beteiligung von Vertretern der RA21-Initiative mit dieser Thematik befasst. Das Thema wurde auf rechtlichen, technischen und wissenschaftspolitischen Ebenen erörtert. Ergebnis war, dass wissenschaftspolitische Auswirkungen letztlich auf technischen Entscheidungen beruhen. Das Einsammeln von Daten hängt von einigen wenigen Feldern in einschlägigen Übertragungsprotokollen ab. Vorgesehen ist, in einem gemeinsamen Papier des dbv und der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen den Zugang zu wissenschaftlicher Information und die Thematik der Authentifizierung/Autorisierung zu erörtern. Dieses Papier soll als Referenzrahmen für Einrichtungen dienen, die sich mit der Thematik z.B. im Zuge von Lizenzverträgen befassen, sowie konkrete Standardisierungsvorschläge enthalten. In dem Papier soll auch klar festgehalten werden, dass der Zugang über Open Access wünschenswert ist, bei Subskriptionen aber der Zugang über IP-Adressen als eine Alternative erhalten bleiben soll.
1 DFG: Ausschreibung „Digitalisierung und Erschließung archivalischer Quellen“, <https://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/ausschreibung_archivgutdigitalisierung_2019.pdf>, Stand: 06.06.2019.
2 DFG: Bewertung des Förderprogramms „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“, 06.03.2019, <https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/studien/studie_forschungsdaten.pdf>, Stand: 06.06.2019.
3 DFG: Weiterentwicklung des Förderprogramms „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“. Stellungnahme der Kommission zur Bewertung des Förderprogramms Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten, 06.03.2019, <https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/studien/stellungnahme_studie_forschungsdaten.pdf>, Stand: 06.06.2019.
4 Aktuelle Informationen zur NFDI unter <www.dfg.de/nfdi>, Stand: 06.06.2019.