Etatverteilung 2020 - Die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin modifiziert ihr Etatverteilungsmodell
Zusammenfassung:
Angesichts veränderter Publikations- und Rezeptionsprozesse hat die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität ihr bewährtes Etatverteilungsmodell erneut modifiziert. Sie verzichtet zukünftig darauf, den Bedarf an gedruckten und elektronischen Medien getrennt zu berechnen, sondern führt beide Literaturformen in ihrem Berechnungsmodell wieder enger zusammen. Grundlage dafür sind eine neue Datenbasis im Bereich von Preisindizes und die äquivalente Betrachtung wissenschaftlicher Inhalte unabhängig von ihrer Erscheinungsform als Print- oder digitale Produkte.
Summary:
In consideration of changing publication and reception processes, the library of the Humboldt-Universität has adapted its established budget distribution model. The demand for printed and electronic media will no longer be calculated separately but in a modified model, where both forms of literature will be reflected jointly. The basis for this model is given by new data in the area of price indices as well as the consideration of scientific content regardless of its respective publication form as print or digital product.
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1. Genese des bisherigen Modells
Der Erwerbungsetat der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität (UB der HU) wird seit mehr als zwei Jahrzehnten nach einem bewährten Modell verteilt, das mehrmals modifiziert wurde, jedoch in seiner Grundstruktur bis heute Gültigkeit hat.1 Wie bei vielen solcher Modelle werden bei der Etatverteilung zum einen externe Parameter wie Durchschnittspreise für einzelne Medienarten sowie spezifische Sollbedarfe der einzelnen Fächer herangezogen. Zum anderen fließen interne Parameter zur personellen Ausstattung und zur Größe aller an der Universität vertretenen Wissenschaftsdisziplinen mit ein. Medien- und personelle Aspekte werden in dem Verteilungsmodell der HU in einer „Literatursäule“ und in einer „Universitätssäule“ getrennt berechnet. Die Kennzahlen für die beiden Säulen werden jährlich neu erhoben und bilden somit den jeweils aktuellen Stand ab. Ziel ist es, die vorhandenen Mittel möglichst transparent sowie unter Vermeidung etwaiger inneruniversitärer Partikularinteressen und konjunktureller Schwankungen gerecht auf die einzelnen Fächer zu verteilen.2
Der sich rasant verändernde Informations- und Publikationsmarkt sowie neue Geschäftsmodelle im Bereich der Erwerbung stellten und stellen die Etatverteilung an Universitäts- und Hochschulbibliotheken immer wieder vor neue Herausforderungen.3 Auch an der UB der HU wurde und wird es immer wieder nötig, auf neue Trends und Entwicklungen zu reagieren. Ein besonderes Problem stellte seit dem Aufkommen von digitalen Medien das Fehlen von besonderen Preisindizes für elektronische Zeitschriften, E-Books und Datenbanken dar. Dazu tritt seit jüngerer Zeit die Problematik, dass traditionelle Literaturgattungen und Fächergrenzen durch neue Datenbankformate und die Paketvermarktung ganzer Verlagsproduktionen zunehmend verschwimmen. Eine Vielzahl von Hochschulbibliotheken lösen diese Probleme mit einem Vorabzug.4 Andere Bibliotheken orientieren sich am Bayerischen Etat(bedarfs)modell, für das anhand von Marktpreisen eine fachspezifische Bedarfsermittlung für elektronische Medien durchgeführt wurde. Grundlage bildeten aus der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) und dem Datenbank-Informationssystem (DBIS) gebildete Portfolios von zwingend erforderlichen E-Journals und Datenbanken als Grundbestand einer Hochschulbibliothek.5 Ein alternativer Weg, der in neueren nachfrageorientierten Modellen eingeschlagen wird, ist die Einbeziehung von Nutzungszahlen für elektronische Medien als Parameter für die Mittelverteilung.6
An der UB der HU wurde als Antwort auf den digitalen Paradigmenwechsel im Jahr 2008 ein besonderer „Digitalbereich“ in das Etatverteilungsmodell (EVM) integriert. Die nötigen Parameter für die Medien wurden in der Literatursäule seitdem getrennt nach Print- und Digitalbereich erfasst. Um die Komponente des Elektronischen fachspezifisch zu erfassen, wurden im neuen Digitalbereich mangels Preisindizes die eigenen Ausgaben für elektronische Ressourcen herangezogen und in der Größenordnung der in der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) nachgewiesenen Ausgaben von Referenzbibliotheken für elektronische Medien berücksichtigt. Im Printbereich wurde außerdem eine eigene Ermittlungsroutine für Print-Bedarfskennzahlen entwickelt.7
Im Jahr 2008 stellte sich die dementsprechend veränderte Etatverteilung folgendermaßen dar:
2. Motive für eine erneute Weiterentwicklung des Modells
Dieses Modell, das in der Literatur als „bislang überzeugendste[r] Versuch der Einbeziehung elektronischer Medien in ein Etatverteilungsmodell“8 bewertet wurde, hat aus verschiedenen Gründen in den vergangenen zwei Jahren erneut eine Überarbeitung erfahren. Die Motive dafür sind sowohl in externen als auch internen Entwicklungen und Trends begründet.
Zum einen erschien die getrennte Berücksichtigung von gedruckten und elektronischen Medien innerhalb der Literatursäule aufgrund des dynamischen Publikations- und Rezeptionsverhaltens in Wissenschaft und Forschung immer weniger zeitgemäß: Literaturproduktion und Erwerbungsentscheidungen sind inzwischen allein durch die Inhalte bestimmt und in hohem Maße unabhängig von deren physischer Erscheinungsform geworden. Die Erwerbung von elektronischen Medien erfolgt nicht mehr als zusätzliches Angebot, sondern es wird in den meisten Fällen alternativ erworben. Bei Zeitschriften hat sich der Trend zu e-only flächendeckend durchgesetzt und gedruckte Bücher werden immer stärker durch E-Books substituiert.
Diese Entwicklung zeigt sich inzwischen auch bei den Preisindizes. So kombiniert der von der UB der HU herangezogene internationale Zeitschriftenindex neuerdings die Durchschnittspreise von gedruckten und/oder Onlinezeitschriften; Preisindizes nur für Printzeitschriften liegen gar nicht mehr vor.9 Analog dazu ist bei den Monographien eine starke Annäherung zwischen Print- und Onlinepreisen zu beobachten, so dass auch hier eine getrennte Ermittlung von Print- und E-Book-Preisen nicht mehr folgerichtig erscheint.10 E-Book-Preise stehen zumindest in einer engen Korrelation zu den Printpreisen. Gegebenenfalls auftretende Abweichungen betreffen alle Fächer in gleicher Weise, so dass in dem Verteilungsmodell der UB der HU die Preisdifferenz zwischen gedruckt und elektronisch auf die prozentuale Verteilung zwischen den einzelnen Fachetats keine Auswirkungen hat.11
Neben diesen externen Entwicklungen ergab sich ein Überarbeitungsbedarf des Modells aus der inneren Logik des EVM selbst. So erfuhr der Etatanteil, der über den Digitalbereich vergeben wurde, in den vergangenen zwölf Jahren den enormen Aufwuchs von 19 auf 70 Prozent. Dies entsprach dem in der DBS gewachsenen Ausgabenanteil deutscher Universitätsbibliotheken für elektronische Medien. Da der Digitalbereich für alle Fächer gleich groß war, drohte das Modell immer mehr in eine Schieflage zu geraten. Printaffine Fächer gerieten gegenüber primär elektronisch ausgerichteten Fächern ins Hintertreffen.
Ein weiterer wichtiger Grund für eine Veränderung des Modells lag in der Verwendung eigener Erwerbungszahlen. In Ermangelung objektiver Durchschnittspreise für E-Ressourcen musste im Digitalbereich auf interne Parameter zurückgegriffen werden. Maßgeblich waren die Ausgaben des jeweiligen Faches für digitale Medien aus den drei Vorjahren. Je mehr ein Fach für digitale Medien ausgab, desto stärker wuchs die Mittelzuweisung im Folgejahr. Dieser zunächst als positiv gesehene Anreiz für den Umstieg auf elektronische Medien stellte einen Faktor im Modell dar, der langfristig gesehen die Mittelverteilung subjektiv verzerrte oder sogar negative Rückwirkungen haben konnte.12
Eine letzte, nicht unerhebliche Motivation für eine Überarbeitung des EVM resultierte aus dem Bestreben, die hohe Komplexität des Modells abzubauen und damit zugleich den sehr hohen Arbeits- und Pflegeaufwand zu verringern. Auch wenn die Frage einer gerechten Mittelverteilung für eine Hochschulbibliothek zentral ist, muss ein Verteilungsmodell handhabbar und möglichst klar strukturiert sein.
3. Neuerungen im aktuellen Modell 2020
Um die beschriebenen strukturellen Nachteile und Fehlentwicklungen zu beseitigen und das EVM wieder vollständig auf externe Kennzahlen zurückzuführen, hat die Universitätsbibliothek im Frühjahr 2020 entschieden, auf einen gesonderten Digitalbereich in der Literatursäule zu verzichten.13 Die Kernparameter der Literatursäule werden im aktuellen Modell unabhängig von der jeweiligen Publikationsform als Print- oder elektronische Medien berechnet, es erfolgt keine getrennte Berechnung nach Erscheinungsform mehr.
Die strategische Entscheidung, den Digitalbereich abzuschaffen, hatte eine weitere Neuerung zur Folge. Wie bereits erwähnt, werden im EVM der UB der HU neben den Durchschnittspreisen besondere Soll-Kennzahlen herangezogen, die angeben, wie viele Bände an Monographien bzw. wie viele Zeitschriftenabonnements den idealen Bedarf eines Faches darstellen. Für die Ermittlung solcher „Bedarfskennzahlen“ (BK) hatte die zuständige Arbeitsgruppe im Jahr 2011 anhand der DBS eine eigene Ermittlungsroutine entwickelt. Diese Zahlen beschränken sich jedoch aufgrund der Datenlage ausschließlich auf den Printbereich und sind deshalb in einem Modell, das gedruckte und elektronische Medien gleichsetzt, nicht mehr verwendbar. Anstelle dessen wird im aktuellen Modell auf die Bedarfskennzahlen zurückgegriffen, die für die bayerischen Universitäts- und Hochschulbibliotheken gelten und die seit langem an vielen weiteren deutschen Universitätsbibliotheken Anwendung finden.14 Die bayerischen Kennzahlen für Monographien und Zeitschriftenabonnements wurden auf das Fächerspektrum an der HU heruntergebrochen und entsprechend dem jeweiligen Ausbaugrad der Fächer in das EVM einbezogen. Abweichend vom Bayerischen Modell wurde für den Bedarf an Datenbanken nur einzelnen Fächern ein besonderer Bonus zugesprochen.15
Aktuell stellt sich das EVM nun folgendermaßen dar:
Die Universitätssäule bleibt im Modell 2020 unverändert. Berücksichtigung finden sowohl das wissenschaftliche Personal als auch die Studierenden in einem prozentualen Verhältnis von 70 zu 30. Um innerhalb der Fächer eine Vergleichbarkeit der Werte zu erreichen, werden für die entsprechenden Personalstellen und Studierendenzahlen Vollzeitäquivalente verwendet. Daraus ergibt sich für jedes Fach eine Kennzahl, die den prozentualen Anteil des Faches an der Hälfte des Gesamtetats bestimmt.
Die Literatursäule unterscheidet im aktuellen Modell zwischen den beiden Gattungen Bücher und Zeitschriften unabhängig von ihrer Erscheinungsform. Für beide Bereiche werden anhand von einschlägigen internationalen Preisindizes die jeweils neuesten Preiskennzahlen erhoben. Anders als im ursprünglichen Modell wird eine getrennte Erhebung deutscher und internationaler Indizes nicht mehr vorgenommen, da die Internationalisierung der Verlage eine länderspezifische Perspektive weitgehend obsolet gemacht hat. In den internationalen Preisindizes ist der deutsche Markt automatisch inkludiert. Um subjektive Faktoren weiter auszuschalten, nehmen die zuständigen Fachreferentinnen und Fachreferenten auch keine Gewichtung zwischen dem Monographien- und Zeitschriftenbereich mehr vor. Das Verhältnis zwischen beiden Bereichen ergibt sich direkt aus den Parametern Durchschnittspreis und Bedarfskennzahl. Dazu werden sowohl für Bücher als auch für Zeitschriften die Preiskennzahlen mit den jeweiligen Bedarfskennzahlen multipliziert und die beiden Werte addiert. Daraus ergibt sich für jedes Fach die Literaturkennzahl, nach der in der Literatursäule die zweite Hälfte des Gesamtetats verteilt wird. Zur Erläuterung ist ein konkretes Berechnungsbeispiel als Anlage 1 beigefügt.
4. Ausblick und zukünftige Herausforderungen
Im Ergebnis liegt mit dem EVM 2020 ein Verteilungsmodell mit eindeutigen Parametern und einer klaren logischen Struktur vor. Bei der Berechnung werden ausschließlich externe Daten herangezogen, die mit einem überschaubaren Aufwand jährlich neu eingepflegt werden können. Subjektive Gewichtungen sind entfallen. Das EVM sichert den an der HU vertretenen Fächern auf transparente Weise eine verlässliche Etatentwicklung ohne unmotivierte Sprünge und stößt innerhalb der Universität auf eine hohe Akzeptanz.
Auch wenn sich wissenschaftliches Publizieren durch Open Access derzeit grundsätzlich verändert, hält die UB der HU in der derzeitigen Situation bewusst an einem Verteilungsmodell in herkömmlicher Form fest. Das Modell versteht sich weiterhin als ein Instrument zur transparenten Verteilung von Erwerbungsmitteln für den Kauf von Verlagsprodukten. Mittel für das Publizieren im Open Access durch Angehörige der Einrichtung werden an der HU in einem eigenen Budget mit eigenen Verteilungsparametern verwaltet. Der Umgang mit beiden Budgets ist in der UB der HU ausführlich diskutiert worden. Die Analyse hat ergeben, dass eine Zusammenlegung derzeit nicht zielführend erscheint. Medienproduktion und Medienerwerb folgen jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten und unterliegen unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Zudem liegt auch bei den großen Transformationsverträgen wie den DEAL-Verträgen mit den Verlagen Wiley und SpringerNature der Versorgungsschwerpunkt weiterhin auf dem lesenden Zugang, der Publikationsanteil bewegt sich prozentual noch in einem einstelligen Bereich. Diese Entwicklung heißt es jedoch sorgfältig und unter Berücksichtigung der internationalen Tendenzen zu beobachten. Es ist zu erwarten, dass hieraus mittelfristig ein neuer Handlungsbedarf für eine Überprüfung und ggf. Anpassung des Etatverteilungsmodells erwachsen wird.
Anlage 1: Berechnung des Etatanteils am Beispiel der Biologie:
Das Fach Biologie erhält 2020 einen Anteil von 8,7 % des Gesamtetats. Dieser Anteil errechnet sich folgendermaßen:
Universitätssäule
Die Universitätssäule teilt sich in einen Bereich für wissenschaftliches Personal und einen Bereich für Studierende. Die Bereiche werden im Verhältnis 70:30 gewichtet.
Bereich wissenschaftliches Personal
Die Biologie hat folgende Ausgangswerte für die einzelnen Statusgruppen, die für alle Fächer auf die gleiche Weise gewichtet werden:
Wert |
Gewichtung |
|
Professor*innen (Soll) |
WP = 21 |
1 |
Juniorprofessor*innen |
WJ = 4 |
0,2 |
Wiss. Mitarbeiter*innen |
WW = 53,5 |
0,2 |
Daraus ergibt sich folgende Berechnung für den Kennwert des wissenschaftlichen Personals:
KW = 1 · WP + 0,2 · WJ + 0,2 · WW
= 1 · 21 + 0,2 · 8 + 0,2 · 53,5
= 32,5
Im Verhältnis zu den Kennzahlen der anderen Fächer ergibt sich ein prozentualer Anteil des wissenschaftlichen Personals von AW = 6,51 %.
Bereich Studierende
Der prozentuale Anteil der Studierenden in der Biologie wird direkt im Verhältnis zu den Studierendenzahlen der anderen Fächer gebildet. Es ergibt sich der prozentuale Anteil von AS = 4,21 %.
Zusammenfassende Berechnung
Mit der Gewichtung von 70 : 30 ergibt sich
AU = 0,7 · AW + 0,3 · AS
= 0,7 · 6,51 % + 0,3 · 4,21 %
= 5,82 %
Aus der Anzahl der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierenden im Verhältnis zu den anderen Fächern ergibt sich damit für die Biologie ein Anteil von AU = 5,82 % in der Universitätssäule.
Literatursäule
Für die Ermittlung der Literatursäule werden zwei Kennzahlen, jeweils für Monographien und Zeitschriften ermittelt.
Preiskennzahlen
Der Anteil am Printetat setzt sich aus dem Durchschnittspreis und dem Bedarf zusammen. Aus dem Durchschnittspreis wird eine Preiskennzahl, aus dem Bedarf eine Bedarfskennzahl ermittelt.
Ermittlung der Preiskennzahlen:
Für die Ermittlung der Preiskennzahlen werden aus Preisindizes die Durchschnittspreise für Monographien und Zeitschriften ermittelt.
Die Fachreferentin legt fest, welchen prozentualen Anteil die fachlichen Schwerpunkte und Randgebiete, die im Index enthalten sind, haben. Im Beispiel der Biologie stellt sich das folgendermaßen dar:
Biologie |
€ |
% |
€ |
GE - ENVIRONMENTAL SCIENCES |
101,14 |
3,5 |
3,54 |
GN – ANTHROPOLOGY |
87,23 |
0,5 |
0,44 |
QH - NATURAL HISTORY |
111,90 |
1 |
1,12 |
QK – BOTANY |
111,20 |
5 |
5,56 |
QL – ZOOLOGY |
77,41 |
5 |
3,87 |
QP – PHYSIOLOGY |
129,87 |
80 |
103,90 |
QR – MICROBIOLOGY |
128,83 |
5 |
6,44 |
Summe: |
|
100 |
124,86 |
Biologie |
€ |
% |
€ |
Biology |
3.063,33 |
98 |
3.002,06 |
General Science |
1.656,43 |
2 |
33,13 |
Summe: |
|
100 |
3.035,19 |
Es ergeben sich also die Preiskennzahlen
PM = 124,86 und PM = 3.035,19.16
Bedarfskennzahlen
Die derzeitigen Bedarfskennzahlen für das Fach Biologie:
BM = 800
BM = 360
Zusammenfassende Berechnung
Der sich ergebende Gesamtbedarf wird aus diesen Werten ermittelt:
PM · BM + PZ · BZ
= 124,86 · 800 + 3.035,19 · 360
= 1.192.488
Im Verhältnis zu den anderen Fächern ergibt sich daraus ein Anteil von AL = 11,58 %
Abschließende Berechnung des Etatanteils
Der Etat setzt sich aus folgenden Bereichen zusammen:
Universitätssäule EU = 50 %
Literatursäule EL = 50 %
Für die Biologie ergibt sich schließlich aus den bisher ermittelten Werten folgender Etatanteil:
EU · AU + EL · AL
= 0,5 · 5,82 % + 0,5 · 11,58 %
= 8,7 %
Die Biologie bekommt also 8,7 % des Fachetats zugewiesen.
Anlage 2: Vereinfachtes Etatverteilungsmodell für die Lehrbuchsammlung inklusive Berechnungsbeispiel
Für die Lehrbuchsammlung wurde im Jahr 1999 ein eigenes vereinfachtes Modell der Etatverteilung entwickelt. Die Ausstattung der Lehrbuchsammlung erfolgt nicht aus den allgemeinen Erwerbungsmitteln, sondern aus einem gesonderten Etat (ELBS).
Wie das Muttermodell geht es von einer Universitäts- und einer Literatursäule aus. In der Universitätssäule werden ausschließlich die Studierendenzahlen als Vollzeitäquivalente berücksichtigt. Die Literatursäule verwendet als Bedarfsparameter den Etatanteil der Fächer der vorangegangenen drei Jahre. Die Lehrbuchdurchschnittspreise werden aus den Ausgaben der Fächer der vorangegangenen drei Jahre ermittelt.
Für jeden Studienfall wird zunächst ein Grundbetrag von 1,00 € angesetzt, es ergibt sich damit der Studierendengrundbetrag S. Der verbleibende Betrag F wird im Verhältnis 70 : 30 auf den Fachgebietsgrundbetrag FG und den variablen Fachgebietsbetrag FV aufgeteilt. Es gilt also:
F = ELBS - S
FG = 0,7 · F
FV = 0,3 · F
Der Fachgebietsgrundbetrag wird auf der Grundlage des Etatanteils der vorangegangenen drei Jahre pro Fach errechnet. In den variablen Fachgebietsbetrag gehen zwei Größen ein: der durchschnittliche Lehrbuchpreis und die Studierendenkennzahl. In beiden Bereichen wird der Anteil im Verhältnis zu den anderen Fächern bestimmt, so dass sich schließlich aus der Summe von Grundbetrag pro Studienfall, Anteil am Fachgebietsgrundbetrag und Anteil am Fachgebietsbetrag der Etatanteil des jeweiligen Faches ergibt.
Berechnungsbeispiel
Für die Bestimmung des Anteils der Biologie wird folgendermaßen vorgegangen:
Studierendengrundbetrag S:
Die Biologie hat, wie in Anlage 1 dargestellt, einen Anteil von AS = ASBio = 4,21 % am Studierendengrundbetrag. Da derzeit pro Studienfall 1,00 € angesetzt wird, entspricht der Studierendengrundbetrag der Biologie der Anzahl (Vollzeitäquivalente) der Studierenden in der Biologie.
Fachgebietsbetrag:
Der Fachgebietsbetrag F wird wie oben beschrieben aufgeteilt in FG und FV.
Fachgebietsgrundbetrag FG:
Für den Anteil der Biologie am Fachgebietsgrundbetrag wird der durchschnittliche Etat der letzten drei Jahre ermittelt. Er beträgt für die Biologie 6.212,38 € und entspricht im Verhältnis zu den anderen Durchschnittswerten AGBio = 5,65 %.
Variabler Fachgebietsbetrag FV:
In den variablen Fachgebietsbetrag gehen zwei Größen ein:
1. Der Anteil des durchschnittlichen Lehrbuchpreises an der Summe aller Durchschnittspreise: Der durchschnittliche Lehrbuchpreis der letzten drei Jahre beträgt für die Biologie 48,76 €, der Anteil beträgt 4,61 %.
2. Der Anteil der Studierendenzahl an der Gesamtzahl an Studierenden. Sie wird an dieser Stelle hinzugezogen, um ein Äquivalent zur Bedarfskennzahl im Modell zu haben. Der Anteil beträgt für die Biologie 4,21 %.
Von beiden Anteilen wird das arithmetische Mittel gebildet:
AVBio= ½ · (4,61 % + 4,21 %) = 4,41 %.
Zusammenfassende Berechnung
Der Etatansatz der Biologie ergibt sich schließlich aus
LBSBio = ASBio · S + AGBio · FG + AVBio · FV
Literaturverzeichnis
–Bosch, Steven; Albee, Barbara; Romaine, Sion: Costs Outstrip Library Budgets. Periodicals Price Survey 2020, in: Library Journal Apr14, 2020. <https://www.libraryjournal.com/?detailStory=Costs-Outstrip-Library-Budgets-Periodicals-Price-Survey-2020>. Stand: 09.06.2020.
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–Moravetz-Kuhlmann, Monika: Das Bayerische Etatmodell 2010, in: ZfBB 57, 2010, S. 253-270. <https://doi.org/10.3196/186429501057535>.
–Moravetz-Kuhlmann, Monika: Das Bayerische Etatmodell. Ein erfolgreiches Konzept zur Sicherung der Literatur- und Informationsversorgung vor neuen Herausforderungen, in: Ceynowa, K. (Hg.): Bibliotheken. Innovation aus Tradition, Berlin 2014, S. 409-418. <https://doi.org/10.1515/9783110310511.409>.
–Moravetz-Kuhlmann, Monika: Erwerbungspolitik, Etatplanung und Mittellokation in wissenschaftlichen Bibliotheken, in: Griebel, Rolf u.a. (Hg.): Praxishandbuch Bibliotheksmanagement, Berlin 2014. S. 161-183.
–Müller-Wiegand, Daniela u. Pohlmann, Tobias: Das neue Etatmodell der UB Kassel. Nutzungsbasiertes Portfoliomanagement für E-Journals und Datenbanken, in: o-bib. Das Offene Bibliotheksjournal 6, 2019, 4, S. 39-49. <https://doi.org/10.5282/o-bib/2019H4S39-49>.
–Plappert, Rainer: Etatverteilungsmodelle für Hochschulbibliotheken. Ergebnisse zweier Workshops in Regensburg und Gießen im November/Dezember 2016, in o-bib. Das Offene Bibliotheksjournal 4, 2017, 1, S. 212-222. <https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H1S212-222>.
–Umlauf, Konrad: Etatverteilung, in: Schade, Frauke (Hg.): Handbuch Bibliotheksmanagement in Öffentlichen Bibliotheken, Berlin 2012, S. 305-313.
–Wein, Franziska: Workshop „Etatmodelle für das digitale Zeitalter“. Ausgerichtet von der DBV-Kommission Erwerbung und Bestandsentwicklung am 15. und 16. März 2012 an der Staatsbibliothek zu Berlin. Ein Kurzbericht, in: ZfBB 59, 2012, S. 205-206. <https://doi.org/10.3196/18642950125934127>
1 Die UB der HU ist einschichtig organisiert und der Literaturerwerbungsetat liegt allein bei der UB. Diese stellt über die Fachreferate die Schnittstelle zu den Fachbereichen/Arbeitsgruppen her. Der gesamte Etat wird ohne nennenswerten Vorabzug fachspezifisch verteilt und verausgabt. Auch für fachübergreifende Produkte erfolgt eine fachspezifische Finanzierung auf der Grundlage von Abstimmungen zwischen den Fachreferaten. Zum Modell der HU vgl. Fichte, Bernd: Etatverteilung in der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin. Säulen-Modell, in: Etatverteilungsmodelle in Universitätsbibliotheken, Berlin 2000 (dbi-Materialien, 195), S. 17-26 u. Braschoß, Katja; Herwig, Anja; Winter, Agnes: Das Etatverteilungsmodell der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, in: Bibliotheksdienst 46, 2012, S. 593-607. <https://doi.org/10.1515/bd.2012.46.7.593>.
2 Einführend zu Etatmodellen vgl. Moravetz-Kuhlmann, Monika: Erwerbungspolitik, Etatplanung und Mittellokation in wissenschaftlichen Bibliotheken, in: Griebel, Rolf u.a. (Hg.): Praxishandbuch Bibliotheksmanagement, Berlin 2014, S. 172ff. u. Umlauf, Konrad: Etatverteilung, in: Schade, Frauke (Hg.): Handbuch Bibliotheksmanagement in Öffentlichen Bibliotheken, Berlin 2012, S. 305-313.
3 Mehrere Workshops wurden dazu in der jüngeren Vergangenheit durchgeführt. Vgl. Wein, Franziska: Workshop „Etatmodelle für das digitale Zeitalter“. Ausgerichtet von der dbv-Kommission Erwerbung und Bestandsentwicklung am 15. und 16. März 2012 an der Staatsbibliothek zu Berlin. Ein Kurzbericht, in: ZfBB 59, 2012, S. 205f. <https://doi.org/10.3196/18642950125934127> u. Plappert, Rainer: Etatverteilungsmodelle für Hochschulbibliotheken. Ergebnisse zweier Workshops in Regensburg und Gießen im November/Dezember 2016, in o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4, 2017, 1, S. 212-222. <https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H1S212-222>.
4 vgl. Plappert: Etatverteilungsmodelle, 2017, S. 214f.
5 vgl. Moravetz-Kuhlmann, Monika: Das Bayerische Etatmodell 2010, in: ZfBB 57, 2010, S. 253-270. <https://doi.org/10.3196/186429501057535>. Zu den aktuellen Herausforderungen des Bayerischen Modells vgl. Moravetz-Kuhlmann, Monika: Das Bayerische Etatmodell. Ein erfolgreiches Konzept zur Sicherung der Literatur- und Informationsversorgung vor neuen Herausforderungen, in: Ceynowa, K. (Hg.): Bibliotheken. Innovation aus Tradition, Berlin 2014, S. 409-418. <https://doi.org/10.1515/9783110310511.409>.
6 vgl. Müller-Wiegand, Daniela u. Pohlmann, Tobias: Das neue Etatmodell der UB Kassel. Nutzungsbasiertes Portfoliomanagement für E-Journals und Datenbanken, in: o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 6, 2019, 4, S. 39-49. <https://doi.org/10.5282/o-bib/2019H4S39-49>. Die SLUB Dresden verteilt 90 % ihrer Mittel anhand nutzungsbasierter Parameter, vgl. Plappert: Etatverteilungsmodelle, 2017, S. 215.
7 vgl. Braschoß: Etatverteilungsmodell, 2012
8 Moravetz-Kuhlmann: Erwerbungspolitik, 2014, S. 177
9 vgl. Bosch, Steven; Albee, Barbara; Romaine, Sion: Costs Outstrip Library Budgets. Periodicals Price Survey 2020, in: Library Journal Apr14, 2020. <https://www.libraryjournal.com/?detailStory=Costs-Outstrip-Library-Budgets-Periodicals-Price-Survey-2020>. Stand: 09.06.2020.
10 Eine Ausnahme bilden Lehrbücher, die teilweise mehr als das zehnfache kosten können. Die UB der HU verteilt den Lehrbuchetat allerdings nach einem separaten Modell (vgl. Anlage 2), der genau solche Effekte berücksichtigt. Bei der normalen Etatverteilung kann diese Tatsache deshalb unberücksichtigt bleiben.
11 Auch andere Modelle stellen E-Books und Printbücher gleich bzw. stellen eine Korrelation her, z.B. wird im Bayerischen Etatmodell ein Zuschlag von 10 % für E-Books erhoben. In der UB Kassel wird der Unterschied gar nicht berücksichtigt. Vgl. Moravetz-Kuhlmann: Etatmodell 2014, S. 414 u. Müller-Wiegand: Etatmodell 2019, S. 39.
12 Das Fach Chemie, das fast ausschließlich elektronische Ressourcen erwirbt, sah sich beispielsweise in der Pflicht, Abbestellungen vorzunehmen. Dadurch verringerten sich die Ausgaben für E-Ressourcen, was fälschlich einen geringeren Bedarf suggerierte und damit zu einer niedrigeren Etatausstattung im Folgejahr führte.
13 Alle Veränderungen des Modells durchlaufen dabei den folgenden Abstimmungsprozess: Vorschlag durch die UB-AG Etatverteilungsmodell, Diskussion auf UB-Direktionsebene und mit den UB-Fachreferaten, Diskussion mit der Medienkommission (Gremium des Akademischen Senats der HU) und Anwendung des geänderten Modells nach deren Zustimmung
14 vgl. Moravetz-Kuhlmann: Etatmodell, 2010.
15 Auf die Einbeziehung von Kennzahlen für Datenbanken, wie sie das Bayerische Etatmodell vorsieht, wurde verzichtet, weil dieser Bereich nur 17 % der Gesamtmenge des errechneten Mittelbedarfs ausmacht und die Datenbasis nicht in jeder Hinsicht übertragbar erschien. Modellrechnungen zeigten außerdem, dass sich die Verteilung durch die Einbeziehung der Datenbankausgaben kaum verschiebt. Eine Ausnahme bilden die Fächer Chemie und Physik, denen aufgrund der großen Bedeutung elektronischer Angebote ein besonderer Bonus gewährt wurde.
16 Die Kennzahlen werden bewusst nicht als €-Betrag, sondern als absolute Kennzahl im Modell verwendet, da das Modell keine Bedarfsbestimmung, sondern einen Verteilungsschlüssel zum Ziel hat.