Das Framework und die Erstsemesterstudierenden der Medizin

Ein Erfahrungsbericht aus der Universitätsbibliothek Würzburg

Gabriele Blümig; Diana Klein; Simone Wolf, Universitätsbibliothek Würzburg

Zusammenfassung

Dieser Artikel schildert die Neukonzeption eines Kurses für Erstsemesterstudierende der Medizin an der Universitätsbibliothek Würzburg unter Einbeziehung des Frameworks for Information Literacy for Higher Education (im Folgenden Framework genannt). Nach einleitenden Bemerkungen zur Theorie der Schwellenkonzepte und zum Framework selbst steht der Kursinhalt mit den dazugehörigen Frames, Knowledge Practices und Dispositions im Fokus. Die Auswertung der Evaluation und ein Ausblick auf die Umsetzung des Kurses in der coronabedingten digitalen Lehre bilden den Schluss.

Summary

This article describes the design of a new one-shot information literacy session for students of medicine in the first semester at the University Library Würzburg. After giving a short introduction into the threshold concept and the theoretical background of the Frameworks for Information Literacy for Higher Education (Framework) we focus on the content of the course in terms of frames, knowledge practices and dispositions. Finally we analyse the evaluation outcomes and show how we transformed the session into an e-learning-based course.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5649

Autorenidentifikation:
Blümig, Gabriele:GND: 131672487
Klein, Diana: ORCID: https://orcid.org/0000-0002-3512-5650
Wolf, Simone: GND: 1227923686

Schlagwörter: Informationskompetenz, Information Literacy, Framework for Information Literacy for Higher Education, Medizinstudium, Erstsemester, Wissenschaftliches Arbeiten, Literaturrecherche, Bibliothekskurs

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1. Von den Standards hin zu Threshold-Konzepten

Bereits wenige Jahre nach der Verabschiedung der Standards zur Vermittlung von Informationskompetenz1 stellten angloamerikanische Bibliothekar*innen fest, dass die Standards zu eng gefasst seien, um den komplexen Umgang mit immer unübersichtlicheren Informationswelten abzubilden.2 Sie erkannten, dass sich die geforderten Lernziele der Standards bei ihren Kursteilnehmer*innen nicht einfach dadurch einstellen, dass die Bibliothekar*innen ihr eigenes Können – so aktivierend und lernerzentriert auch immer – vermitteln und darauf setzen, dass diese Fähigkeiten sich dann bei den Lernenden auf dieselbe Weise ausprägen.

An diesem Punkt entstand der Anspruch, wie ihn beispielsweise Gayle Schaub und Hazel McClure formulieren, nicht das What in den Blick zu nehmen, also die Vielzahl der konkreten Inhalte von Datenbanken bis zur Vermeidung von Plagiaten, sondern zusammen mit den Studierenden eher das Why zu erkunden: „Focusing on the why instead of, or more accurately, in addition to the what helps us to be better teachers.“3

Dieser Ansatz führt z. B. zu folgenden Fragen: Warum brauche ich bibliographische Datenbanken? Warum wird die aktuelle Forschungsliteratur in Artikeln veröffentlicht? Warum kann ich nicht alle Quellen, die ich für meine Arbeit gelesen habe, auch in mein Literaturverzeichnis stellen?

Diese Verschiebung der Perspektive von den Standards als zu erwartende Fähigkeiten am Ende einer Session hin zu einer prozessorientierten und ganzheitlichen Sicht von Informationskompetenz folgt dem Modell der sogenannten Threshold- oder Schwellenkonzepte. Dieser pädagogische Ansatz, den die Briten Jan Meyer und Ray Land bereits 2003 umschrieben, versucht diejenigen Konzepte zu identifizieren, die die Studierenden notwendigerweise intellektuell erfassen müssen, um die Funktionsweise der Informationslandschaft ihres Faches umfassend zu verstehen.4 Dieser Lernprozess ist nicht einfach, sondern oft mühevoll (troublesome), er verändert die Wahrnehmung des Lernenden dauerhaft (transformative und irreversible) und eröffnet einen neuen Blick auf die Fachkultur und alles, was sie im Inneren zusammenhält (integrative).5

2. Das Framework knacken

2015 mündeten die Reformideen in die Veröffentlichung des Frameworks durch die American Library Association. Dazu übertrugen die mitwirkenden Bibliothekar*innen das Threshold-Konzept auf den Bereich Informationskompetenz und identifizierten in einem kollaborativen Prozess6, welche Konzepte, welche Schwellen es für Studierende im Bereich der Informationskompetenz zu überwinden gäbe, um ein umfassendes Verständnis zu erlangen. Das Resultat sind bislang die folgenden sechs Konzepte, die aber nicht unbedingt als abschließend zu sehen sind – hier in der neuen deutschen Übersetzung, nachdem bisher nur eine Zusammenfassung von Fabian Franke vorlag:7

Flankiert wird die Beschreibung der Konzepte von konkreten handlungsorientierten Lernzielen (Knowledge Practices) und wissensorientierten Lernzielen (Dispositions), die sich die Studierenden erarbeiten können, wenn sie die Schwelle zu diesem Konzept überschreiten. Auch die Liste von Knowledge Practices und Dispositions ist nicht abschließend gedacht wie bei den Standards, sondern eher als Anregungen für die konkreten Unterrichtseinheiten nach einem Pick-and-choose-Modell.

Während im angloamerikanischen Raum nach der Veröffentlichung des Frameworks eine Vielzahl an Bibliothekar*innen auf das Framework reagierten und konkrete Kursinhalte dazu erarbeiteten,8 ist das Echo im deutschsprachigen Raum bisher eher verhalten. Es gibt zwar bereits Best-Practice-Berichte wie beispielsweise die prämierten Framework Information Literacy Lessons (FILL) der UB Bamberg,9 aber trotzdem entsteht der Eindruck, dass die Mehrheit der Kolleg*innen nicht wirklich etwas mit dem Framework anzufangen weiß: zu abstrakt, zu erschlagend, zu komplex, auf den ersten Blick vielleicht auch zu beliebig. Das ging den anglophonen Kolleg*innen wohl zunächst nicht anders, wie zum Beispiel dem kanadischen Autor der Kolumne InfoLit land, William Badke: „The biggest challenge with the Framework is that it is so big. I have to admit that, when I first walked myself through it, I simply could not put it all together in my head. It was like trying to crack a code without a key.“10

Auch an der Universitätsbibliothek Würzburg fiel es uns anfangs schwer, den konkreten Nutzen des Frameworks zu entschlüsseln. Hierbei half uns die gelungene Visualisierung der Studierenden des Fachbereichs Archiv- und Bibliothekswesen der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern.11 Eine deutsche Übersetzung des Frameworks, wie sie nun vorliegt, wird den Zugang ebenfalls deutlich erleichtern. Zum Durchbruch im Verständnis dessen, was das Framework den Förderern von Informationskompetenz mitgeben möchte, hat uns die Kolumne InfoLit land verholfen:

„Cracking the Framework code is not nearly as challenging as we might think. The Framework describes what scholarship does.“12

In „How I (Try to) Teach the Framework“ erläutert Badke, dass aus seiner Sicht das große Verdienst des Frameworks vor allem darin liegt, dass es wunderbar beschreibt, was Wissenschaftler tun und wie Wissenschaft als solche funktioniert:

„Rather than seeing the Framework for Information Literacy simply as a guide to better research methods, I view it as a pretty good description of what scholars do, how they think, and how they conduct their work. As such, it forms the conceptual backdrop that explains the tasks of an information-literate person.“13

Versteht man das Framework als „pathway into scholarship“14, zeigt es konkrete Wege auf, die wir Bibliothekar*innen in den Veranstaltungen zur Informationskompetenz einschlagen können, um die Studierenden zu einem tieferen Verständnis der Informationskultur und der Funktionsweise ihres Faches zu bringen. Die einzelnen Frames fügen sich zu einem globalen Verständnis von wissenschaftlichem Arbeiten und wissenschaftlichem Selbstverständnis, das weit über die Standards hinausgeht.

Die Standards beschränken informationskompetentes Arbeiten darauf, den Informationsbedarf zu erkennen, die Informationen zu beschaffen, zu bewerten und ethisch korrekt weiterzuverarbeiten. Das Framework eröffnet dagegen den Blick auf das große Ganze, auf die zentrale Rolle, die Informationskompetenz in der Wissenschaft spielt, weil es auf einer Metaebene beschreibt, was Wissenschaft ausmacht.

3. Das Framework an der UB Würzburg: Ein neuer Kurs für Medizinstudierende

Eine Analyse der Kurse der UB Würzburg, allen voran des Basismoduls Informationskompetenz, das allen Studierenden der Bachelor- und Lehramtsstudiengänge der Universität Würzburg mit 2 ECTS-Punkten offensteht, ergab, dass bereits in manchen Teilen des 12-stündigen Kurses praktische Umsetzungen des Frameworks zu finden sind. Trotzdem erschien es uns wesentlich einfacher, einen neuen Kurs Frame-orientiert zu konzipieren, als bestehende Kurse nach dem Modell des Frameworks umzubauen.

Diese Chance bot sich uns 2019, als die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg uns für eine Lehreinheit angefragt hatte, die alle Studierenden der Medizin im ersten Semester verpflichtend besuchen. Mit ihrer Praktikumsanmeldung sind die Studierenden des ersten Semesters gleichzeitig auch für die verpflichtende Veranstaltung „Judge the situation – Eine Einführung in Datenschutz, Urheberrecht und gute wissenschaftliche Praxis“ angemeldet. Die Veranstaltung hat zum Ziel, bereits zu Studienbeginn die Studierenden auf praktische Weise für Fragestellungen aus dem Wissenschaftsbereich zu sensibilisieren. Diese Veranstaltung dauert 120 Minuten, pro Termin nehmen ca. 20 Personen teil. Um alle Studierenden abdecken zu können, wird die Veranstaltung also mehrfach im Semester durchgeführt, immer am selben Wochentag zur selben Uhrzeit. Die Medizinische Fakultät hatte deshalb vorgeschlagen, in dieser Zeitschiene ergänzend eine Veranstaltung der Universitätsbibliothek für die Erstsemester anzubieten, die die Studierenden ebenfalls gleich zu Beginn an das Thema Wissenschaftliche Literatur heranführt. Dies ist im Kontext des Masterplans Medizinstudium zu sehen, der unter anderem zum Ziel hat, dem Vermitteln wissenschaftlichen Arbeitens im Medizinstudium mehr Gewicht zu geben.15

Eine Arbeitsgruppe aus den Autorinnen und weiteren Mitarbeiter*innen aus dem Informationszentrum wurde gegründet, um die Kursinhalte und -methoden zusammenzustellen. Wir haben uns dabei bewusst für die Zusammenarbeit in einem größeren Team entschieden, weil wir bisher bei der gemeinschaftlichen Erstellung von Kursen sehr gute Erfahrungen mit einer breiten Beteiligung der zukünftigen Dozent*innen gemacht haben. Erstens bringen viele Personen aus unterschiedlichen Kontexten viele verschiedene Anregungen und Ideen mit, was für die Materialien- und Methodenauswahl einen großen Vorteil darstellt. Zweitens kann bei der Durchführung des Kurses garantiert werden, dass auch große Teilnehmer- und Terminzahlen durch ein Team bewältigt werden können, ohne dass es bei Einzelpersonen zu „Ermüdungserscheinungen“ kommt. Nicht zuletzt ist durch die Zusammenarbeit des Teams sichergestellt, dass die Inhalte und Methoden breit mitgetragen und qualitativ hochwertig und einheitlich umgesetzt werden.

3.1. Frames, Inhalte und Lernziele

Ausgehend von der Zielgruppe der Erstsemesterstudierenden der Medizin, der von der Fakultät vorgegebenen Veranstaltungsdauer von 120 Minuten und der durch die Anzahl von PC-Arbeitsplätzen in unseren Schulungsräumen begrenzte Gruppengröße von max. 18 Personen pro Termin begann die Arbeitsgruppe mit der Auswahl der Inhalte und Lernziele.16

Wichtig war uns, die Veranstaltung nicht mit Inhalten zu überfrachten. Aus dem Kontext des Medizinstudiums, in dem sich die Studierenden zunächst im Vorklinikum die naturwissenschaftlichen Grundlagen erarbeiten, sollten folgende Lernziele bzw. Frames mit den näher beschriebenen Knowledge Practices und Dispositions erreicht werden:

Information Creation as a process / Informationen schaffen als schöpferischer Prozess

Scholarship as Conversation / Wissenschaft als Diskurs

Authority is constructed and contextual / Autorität ist konstruiert und kontextbezogen

Information has value / Informationen haben Wert

Searching as Strategic Exploration / Suche als strategische Erkundung

3.2. Ablauf, Methoden und Übungsszenarien

Nachdem die Lernziele des neuen Kurses festgelegt waren, überlegte die Arbeitsgruppe, wie diese Ziele zu erreichen sind; welche Methoden, welche Übungen, welche Materialien geeignet sein könnten, um die Studierenden zu aktivieren, die oben definierten Schwellen zu überschreiten.

Warm-up

Zunächst schien es uns sinnvoll, den Studierenden zu erläutern, dass der Fokus des Kurses auf das wissenschaftliche Arbeiten innerhalb der Fachkultur abzielen wird: Wie arbeiten Mediziner bei der Weitergabe neuer Erkenntnisse? Wie werden neue Erkenntnisse veröffentlicht? Wie gelangt das medizinische Fachwissen ins Lehrbuch?

Uns war wichtig zu erklären, warum wir diesen Fokus gewählt haben: weil Medizinstudierende bisher meist erst dann mit dem Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit konfrontiert werden, wenn sie eine medizinische Doktorarbeit schreiben. Dabei liegt die Betonung auf „wenn“, denn längst nicht alle Studierende schlagen diesen Weg ein. Im Vergleich zu anderen naturwissenschaftlichen Fachkulturen, wo früh Laborberichte abzugeben sind, aber auch Bachelor- und Masterarbeiten verpflichtend am Ende des Studiums stehen, wurde von Medizinstudierenden bisher nicht in diesem Umfang erwartet, dass sie sich vorab damit auseinandersetzen, wie in ihrem Fach Wissen entsteht, diskutiert, geprüft und evaluiert wird. Aus unserer Sicht ist es aber eine große Chance, bereits während des Studiums die Fachkultur und die Pfeiler der medizinischen Informationslandschaft kennenzulernen.

Um auf diesen ersten Aha-Moment hinzuarbeiten, starten wir den Kurs mit einem interaktiven Spiel über kahoot17 als Warm-up und fragen die bisherigen Erfahrungen mit wissenschaftlichem Arbeiten ab: In welchem Zusammenhang haben Sie schon einmal eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben? Wie haben Sie Ihre Quellen gefunden? Da sich kahoot auch hervorragend dazu eignet, die Studierenden zu kommenden Inhalten des Kurses raten zu lassen und die Neugier darauf zu wecken, stellen wir außerdem explorative Fragen nach dem Motto „Einfach raten!“ zu PubMed, zu Review-Artikeln und zu Interessenskonflikten in der Medizin. Unsere Erfahrung nach einem Semester Praxiseinsatz ist, dass die Studierenden durchaus Vorwissen haben, aber nur etwa 60 % wissen, dass das Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit beim herkömmlichen Studienablauf erst im Rahmen der medizinischen Doktorarbeit eine Rolle spielt.

Am Ende dieser ersten Kurseinheit aus kahoot und der Reflexion über die vergleichsweise geringe Rolle, die wissenschaftliche Literatur im Medizinstudium zunächst spielt, betonen wir, dass es aber aus genau diesem Grund einen enormen Zugewinn an tieferem Verständnis für das Studium darstellt, wenn wir uns bereits jetzt zu Beginn des Studiums eingehend mit dieser beschäftigen. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Stellenwert des wissenschaftlichen Arbeitens im Medizinstudium wie oben bereits erwähnt bei der Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 weiter zunimmt.

Gruppenarbeit

In unseren Kursen konnten wir bisher sehr gute Erfahrungen mit Arbeiten in kleinen Gruppen machen: bis zu fünf Personen in einer Gruppe ermöglichen, dass sich die Teilnehmenden die Inhalte gut zusammen erarbeiten können und in einer Sprache jenseits bibliothekarischer Fachtermini diskutieren. Wir wollten auch in diesem Kurs eine aktivierende Gruppenphase miteinbauen. Die konkrete Aufgabe der vier verschiedenen Gruppenarbeiten besteht darin, die Ergebnisse des jeweiligen Auftrags zusammenzufassen und den anderen Gruppen vorzustellen. Die Gruppenmitglieder werden so zu Expert*innen, die ihr Wissen an die anderen Gruppen weitergeben. Die Qualität des kurzen Berichts ist dadurch sichergestellt, dass der Dozent bzw. die Dozentin während der Übung bei den Gruppen vorbeikommt und die jeweiligen Ergebnisse kurz überprüft, um ggf. Lücken aufzuzeigen.

Gruppe 1

Die erste Gruppe beschäftigt sich mit Kriterien zur Bewertung von Quellen – bzw. weiter gefasst – zur Überprüfung von Fachautorität. Die Studierenden bekommen vier Quellen vorgelegt: ein klassisches Lehrbuch mit Literaturverzeichnis, ein Lehrbuch ohne Literaturverzeichnis, einen Link zu einem elektronischen Artikel in einer Fachzeitschrift und einen Link zu einem YouTube-Video, das auf den ersten Blick durchaus einen seriösen Eindruck macht.18 Außerdem erhält die Gruppe ein Anleitungskärtchen, auf dem der Arbeitsauftrag formuliert und folgende Bewertungskriterien aufgelistet sind:

Während die Lehrbücher und auch der elektronische Fachartikel von verschiedenen Instanzen geprüft wurden (Lektorat eines renommierten Verlags, Danksagung der Autor*innen an Kolleg*innen für die Überprüfung, Peer Review des Artikels) und die Autoren klar identifizierbar sind, fehlen bei dem YouTube Video sowohl verlässliche Angaben zu den Urheber*innen als auch eine Kontrollinstanz, die Richtigkeit und Verlässlichkeit zertifiziert. Die Studierenden sind sich in der Regel einig, dass nur das YouTube Video keine seriöse Quelle darstellt. Interessant ist die Diskussion über das Lehrbuch ohne Quellenangaben. Obwohl es sich als klassisches Lehrbuch für Studierende ebenfalls an eine medizinische Zielgruppe richtet, wird auf die Angabe von Literatur als Quelle für die aufgeführten Inhalte verzichtet. Das Konzept des Peer Review, auf das sie bei der Untersuchung des elektronischen Fachartikels stoßen, ist den Studierenden in der Regel neu.

Fazit: Die Autorität wissenschaftlicher Informationen muss einer kritischen Prüfung standhalten. Kriterien dafür sind der Ort der Publikation (YouTube versus Fachverlag bzw. Zeitschrift mit Peer Review), der Autor*innen und dessen Status sowie die Überprüfbarkeit des Inhalts anhand von Quellen, die Rückschlüsse ermöglichen, ob das Wissen durch eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand generiert wurde. Eine weitere Kontrollinstanz ist das Peer-Review-Verfahren.

Gruppe 2

Die zweite Gruppe untersucht den Aufbau von Research-Artikeln und Review-Artikeln im Vergleich. Sie erhält drei Research-Artikel und einen Review-Artikel ausgedruckt vorgelegt.19 Die Arbeitsanweisung lautet, typische Gliederungspunkte der beiden Artikelarten zu identifizieren und herauszuarbeiten, wodurch sich der Aufbau des Review-Artikels von dem der Research-Artikel unterscheidet. Außerdem sollen sich die Studierenden überlegen, warum beide Artikelarten unterschiedlich aufgebaut sind.

Die Studierenden neigen dazu, die Artikel trotz der knappen Zeit überfliegen zu wollen, statt bloß ihren Aufbau zu analysieren. Die Dozentin bzw. der Dozent weist die Teilnehmer*innen daher darauf hin, dass sie ganz vom Inhalt abstrahieren sollen und nur anhand der Überschriften vorzugehen brauchen. Ist diese Hürde genommen, wird den Studierenden schnell klar, dass die Research-Artikel immer gleich aufgebaut sind (abstract, introduction, methods, results, discussion, conclusion). Dieser Aufbau ist natürlich nicht beliebig, sondern spiegelt seinerseits das Vorgehen beim Bearbeiten wissenschaftlicher Fragestellungen wider. Die Studierenden lernen so das methodische Vorgehen beim Abfassen eines Research-Artikels kennen und sind außerdem in der Lage, die Aussage eines auf diese Weise aufgebauten Artikels schneller zu erfassen.

Review-Artikel beschreiben den aktuellen Stand der Forschung wesentlich ausführlicher als es in der Introduction eines Research-Artikel möglich ist. Die Autor*innen von Reviews haben oft selbst schon Research-Artikel zu dieser Fragestellung publiziert. Sie sammeln die relevante Literatur zu einer Fragestellung, setzen diese in Bezug zueinander und bewerten sie. Deshalb gibt es in Review-Artikeln keine feste Struktur, keinen Methoden- oder Ergebnisteil. Die Gliederung ergibt sich eher aus der Fragestellung. Die Studierenden erfahren, dass Review-Artikel hilfreich für den Einstieg in ein neues Thema sind, weil sie einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand bieten.

Fazit: Der Aufbau von Research-Artikeln spiegelt das Vorgehen beim wissenschaftlichen Arbeiten wider: von der Fragestellung über die Methode bis zur Einordnung der neuen Ergebnisse in den Kontext des aktuellen Forschungsstands. Sie stellen neue Erkenntnisse zu medizinischen Fragestellungen vor.

In einem Review-Artikel wird deutlich, dass Wissenschaft einen Prozess darstellt, in dem verschiedene Forschungsergebnisse aufeinander Bezug nehmen, jeweils aufeinander aufbauen bzw. sich abgrenzen.

Gruppe 3

Die dritte Gruppe widmet sich eingehend dem Peer Review, das den Studierenden in der Regel noch gänzlich unbekannt ist. Sie bekommen einen Link zu einer Verlagsseite, auf der das Verfahren in allen Einzelheiten und Varianten (single blind, double blind, open und transparent) dargestellt ist.20 Der Arbeitsauftrag lautet: „Was ist Peer Review? Beschreiben Sie den Prozess, den ein Artikel durchläuft, beginnend beim Verfassen bis zur Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift in eigenen Worten für Ihre Kurskolleginnen und -kollegen.“

Die Studierenden lernen auf diese Weise nicht nur den Ablauf beim Publizieren eines Artikels kennen, sondern erfahren, welche Kriterien beim Peer Review eine Rolle spielen: Die Fragestellung muss neu sein, in dem Sinn, dass sie zuvor noch nicht auf dieselbe Weise bearbeitet wurde; die Ergebnisse müssen valide sein; und die Untersuchung sollte für die Fachcommunity von Interesse sein. Außerdem lernen die Studierenden den Peer-Review-Prozess an sich kennen.

Fazit: Renommierte Fachzeitschriften unterziehen die eingereichten Artikel einem Verfahren zur Qualitätssicherung. Dabei treten Wissenschaftler*innen einer Fachrichtung in direkten Austausch miteinander – mal anonym, mal offen. Auch hier wird deutlich: Wissenschaft ist Austausch. Wissenschaftliche Informationen entstehen in einem langwierigen Prozess. Der besondere Wert von Artikeln, die ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben, wird hier direkt in den vielen Arbeitsstunden der Reviewer und der nachbessernden Autoren offenbar.

Gruppe 4

Die vierte Gruppe erkundet das weite Feld von Interessenskonflikten in der Medizin. Dazu erhalten die Studierenden zwei Research-Artikel ausgedruckt vorgelegt, in denen jeweils am Ende unter „competing interests“ bzw. „declaration of interests“ die Interessenskonflikte der Autoren aufgelistet sind.21 Da die Studierenden sich mit diesem Sachverhalt meist noch nie konfrontiert sahen, kann der Dozent bzw. die Dozentin der Gruppe im Gespräch evtl. zusätzliche Informationen zukommen lassen, wie z.B. dass das Offenlegen eventueller Konflikte noch eine recht neue Entwicklung ist und dass deshalb noch nicht alle Zeitschriften die Interessenskonflikte der Autoren abfragen.

Die Gruppe bekommt außerdem drei Kärtchen, auf denen Beispielszenarien von Interessenskonflikten beschrieben sind:

Anhand dieser Beispiele diskutieren die Studierenden, ob und inwiefern die Glaubwürdigkeit und Aussagekraft eines Artikels in Frage gestellt werden sollte.

Fazit: Bei medizinischer Literatur ist es wichtig, den Wert der Informationen genau zu prüfen. Ein Kriterium dafür können bestehende Interessenskonflikte sein, deren negative Folgen sich unter Umständen direkt auf die Gesundheit von Menschen auswirken können. Für Autor*innen, die sich in einem Interessenkonflikt befinden, können darüber hinaus bestimmte Forschungsergebnisse auch einen direkten finanziellen, ideellen oder gar existentiellen Wert bedeuten.

Input-Einheit „Der lange Weg ins Lehrbuch“

An die Gruppenpräsentationen schließt sich die kurze Input-Einheit „Der lange Weg ins Lehrbuch an“. Anhand einer Folie wird der Weg von medizinischen Erkenntnissen von Research-Artikeln bzw. Klinischen Studien über Review-Artikel bzw. Systematische Reviews bis ins Lehrbuch schematisch dargestellt. So werden die zuvor besprochenen Publikationsformen in den Entstehungsprozess von Wissen eingeordnet. Ein anschauliches Beispiel rundet die Einheit ab und hilft, die zuvor erarbeiteten Frames zusammenzufassen und zu rekapitulieren.

Als Beispiel dient die Entwicklung der Behandlungsmethode der Magenschleimhautentzündung des Typs B. Bis Anfang der 1980er Jahre war die Ursache dieser Krankheit unbekannt. In einem Lehrbuch dieser Zeit ist deshalb z. B. zu lesen, dass ein gesteigerter Reflux die Ursache sein könnte.22 1983 entdeckten die Australier Robin Warren und Barry Marshall das Bakterium Helicobacter pylori als Verursacher der Erkrankung und postulierten, dass eine Magenschleimhautentzündung deshalb mit Antibiotika behandelt werden könnte. Obwohl die Wissenschaftler ihre These sogar im Selbstversuch überprüften, diskutierte die Fachwelt die Ergebnisse skeptisch. Erst mehrere Jahre später fand die Entdeckung ihren Eingang in die Lehrbücher.23 2005 erhielten die Australier den Nobelpreis, auf den sie schon seit Jahren gehofft hatten.24

Der Weg des Helicobacter pylori ins Lehrbuch ist in vielfacher Hinsicht ein gutes Beispiel. Zum einen ist es sehr anschaulich und auch für Laien leicht nachzuvollziehen. Zum anderen birgt es eine affektive Ebene, auf der sich die Studierenden gut mit den befreundeten Wissenschaftlern in der australischen Bar identifizieren können. Zu guter Letzt veranschaulicht das Beispiel nochmals die wichtigsten Punkte der Gruppenphase:

Recherchetools und Bibliotheks-Basics

Während sich der erste Teil der Veranstaltung vor allem um die Frames „Wissenschaft als Diskurs“, „Informationen schaffen als schöpferischer Prozess“ und „Informationen haben Wert“ drehte, ist der zweite Teil den klassischen Recherchetools Katalog und PubMed gewidmet.

Dies sind traditionelle Inhalte von Katalog- und Datenbankeinführungen im Fachbereich Medizin. Man könnte meinen, dass wir nun das Terrain des Framework verlassen und wieder „konventionell“ arbeiten, aber tatsächlich bekommt auch die Katalogsuche und die Recherche in PubMed durch die vorangegangene Beschäftigung mit dem Framework eine neue Tiefe. Die Studierenden, die im Katalog ein Lehrbuch suchen und finden, verbinden nun etwas damit. Es handelt sich nicht nur um ein Buch, von dem man möglicherweise noch gar nicht überzeugt ist, dass man es überhaupt braucht, sondern der Begriff „Lehrbuch“ ist vielschichtig geworden. Er löst vielerlei Assoziationen an die Informationswelt der medizinischen Fachkultur aus. Die Suche in PubMed ist ebenfalls aufgewertet, weil darin der Austausch der Wissenschaftler*innen lebendig und sichtbar wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Studierenden sich an dieser Stelle des Kurses intensiv mit den Rechercheinstrumenten auseinandersetzen wollen, und führen dieses Interesse auch auf die positiven Effekte des Framework zurück. Die Studierenden wissen nun, welche Rolle Lehrbücher und Artikel spielen und können daher den Wert dieser Informationen und damit auch den Wert der Recherchetools, die den Zugang dazu ermöglichen, neu einordnen.

Diese Kurseinheit besteht aus einer kurzen Einführung in den Katalog und die Benutzungsmodalitäten von E-Books. Da es sich durchgängig um Studierende des ersten Semesters handelt, geben wir einige grundlegende Informationen zur Bibliotheksbenutzung wie Ausleihe, zum Zugang zum elektronischen Angebot von zu Hause aus, Vormerkungsmöglichkeiten des ausgeliehenen Bestands, Anschaffungsvorschlägen und Fernleihe. Daran schließt sich die Vorstellung von PubMed an, wo anhand einer einfachen Suche die Filtermöglichkeiten bei der Publikationsform (z.B. Review-Artikel), die MeSH-Terms (Medical Subject Headings) und die Zugangsmöglichkeiten zu den Volltexten gezeigt werden. Dazwischen sind Übungen zum Katalog und zu PubMed eingestreut, um die neu kennengelernten Suchinstrumente gleich am Computer selbst ausprobieren zu können. Auch das Lernprogramm AMBOSS25, das von den Studierenden zur Prüfungsvorbereitung genutzt wird und ebenfalls über DBIS (Datenbank-Infosystem) zugänglich ist, wird kurz vorgestellt.

3.3. Evaluation

An der Universitätsbibliothek werden alle Kurse durch die Teilnehmer*innen evaluiert. Insbesondere bei einem neu konzipierten Kurs sind regelmäßige Evaluationen unerlässlich, um die Veranstaltung kontinuierlich weiterzuentwickeln und genauer auf die Bedürfnisse der Teilnehmer einzugehen. An der Universität Würzburg ist die Umfrage-Software Evasys im Einsatz, die es uns ermöglicht, Umfragen online durchzuführen. Nach der jeweiligen Veranstaltung werden die Studierenden vor Ort gebeten, einen kurzen Evaluationsbogen online auszufüllen. Im Wintersemester 2019/2020 hatten wir rund 150 Teilnehmer*innen in unserem Kurs, davon nahmen 147 auch an der Online-Evaluation teil. Insgesamt war das Feedback der Studierenden zu dieser neu eingeführten Pflichtveranstaltung sehr positiv. Die Aussage „Ich weiß jetzt, was wissenschaftliche Literatur im Fach Medizin ist“ beantworteten 52 % mit „trifft sehr zu“ und 40 % mit „trifft zu“26. Die Aussage „Ich weiß, wie ich die Literatur für mein Studium finden kann“ bejahten 61 % mit „trifft sehr zu“, und 35 % mit „trifft zu.

Die Aussagen, die die Studierenden in den freien Antwortfeldern selbst formulierten, sind ebenfalls überwiegend positiv und sehr aufschlussreich. Beide Kursteile werden lobend erwähnt. So kam dort auch zum Ausdruck, dass die Studierenden vor allem Informationen zu unserer Homepage, unserem Online-Katalog sowie den vorgestellten medizinischen Datenbanken hilfreich fanden. Besonders herausgehoben wurden die Informationen zum lizenzierten elektronischen Angebot der Bibliothek, beispielsweise wie man als Studierender auch von zu Hause aus darauf zugreifen kann. Auch die interaktiven Gestaltungselemente wurden häufig lobend erwähnt. Dazu zählen zum einen die verschiedenen Gruppenarbeiten sowie das Kahoot-Quiz zu Anfang des Kurses.

Erfreulich war außerdem die Beurteilung der Dozent*innen, die sich zu einem großen Teil erst in die medizinspezifischen Kursinhalte einarbeiten mussten. Hierzu gehören beispielsweise der Umgang mit Interessenskonflikten, der Unterschied zwischen Research- und Review-Artikeln oder die Datenbank PubMed. Bei der Fragestellung, ob die Dozierenden kompetent waren, wählten 72,7 % die Antwort „trifft sehr zu“ aus.

Natürlich gibt es auch Kritik. So fanden manche Studierende, dass die Inhalte zu früh im Studium vermittelt werden, weil die medizinische Doktorarbeit noch in weiter Ferne steht. Negativ aufgefallen ist den Studierenden hauptsächlich die Zeiteinteilung bei der Gruppenarbeit, die parallel in vier verschiedenen Gruppen durchgeführt wird. So war für mehrere Gruppen die angesetzte Zeitspanne zu lang, bei anderen Gruppen dagegen wurde die Zeit knapp. Da sich dieser Eindruck mit dem der Dozent*innen deckte, besserten wir nach, indem wir die Arbeitsaufträge der Gruppen nochmals anpassten und bei den Gruppen, die bisher relativ lange zum Erarbeiten ihrer Ergebnisse brauchten, die Aufgabenstellungen verkürzten.

3.4. Digitale Lehre

Wie viele andere Veranstaltungen auch konnte der Kurs aufgrund der Corona-Pandemie seit dem Sommersemester 2020 leider nicht mehr vor Ort in den Räumlichkeiten der Bibliothek stattfinden. Wir entschieden uns daher, den Kurs in reines E-Learning zu überführen. Statt der Möglichkeit, den Kurs als Webinar stattfinden zu lassen, beschlossen wir, die Powerpoint-Präsentation, die die Teilnehmer normalerweise in der Präsenzveranstaltung sehen, zu vertonen. Dadurch sollte den Studierenden in der zu diesem Zeitpunkt schwer kalkulierbaren Pandemielage das selbstorganisierte Lernen ohne Bindung an einen festen Termin ermöglicht werden. Die Präsentation wurde hierfür in mehrere Abschnitte unterteilt. Insgesamt handelt es sich um sechs Videos, deren Gesamtlaufzeit ca. 60 Minuten beträgt. Dazu wurden die Powerpoint-Folien mit Ton versehen und im Kursraum auf der universitären Lernplattform zur Verfügung gestellt.

An der Präsentation mussten jedoch einige Anpassungen vorgenommen werden: Das interaktive Kahoot-Quiz, welches normalerweise zu Anfang jeden Kurses mit den Studierenden gespielt wird, fällt nun weg. Auch die eigentlich vorgesehene Gruppenarbeit kann in dieser Form nicht mehr stattfinden, sondern wurde in einen Impulsvortrag umgearbeitet.

Neu dagegen sind zwei Übungsblätter zum Online-Katalog und zur Homepage der UB Würzburg sowie zu der Datenbank PubMed, die wesentlich ausführlicher sind als die Aufgaben, die die Studierenden bisher in den Präsenzkursen bearbeitet haben. Allerdings wurde hier darauf geachtet, dass die Kursdauer insgesamt nicht länger ist als die zwei Stunden, die für den Präsenzkurs vorgesehen waren. Die Studierenden müssen die beiden ausgefüllten Übungsblätter anschließend bis zu einem bestimmten Termin im Kursraum hochladen. Im Anschluss werden die Lösungen von den Dozierenden des Kurses korrigiert, woraufhin die Studierenden ein Feedback zu den Aufgaben erhalten. Nach der Korrektur des Übungsblatts bekommen sie ihre Teilnahme bestätigt.

Auch für die Online-Version der Veranstaltung wurde eine Evaluation durchgeführt. Sie ist über alle Kategorien hinweg sogar etwas besser ausgefallen als die des Präsenzkurses im Vorsemester. Da die Evaluation aber nicht verpflichtend ist, fiel der Rücklauf mit nur 20 Bögen in der E-Learning-Situation viel geringer aus als im ursprünglichen Präsenzformat. Das positive Echo ist jedoch geblieben: Die Aussage „Ich weiß jetzt, was wissenschaftliche Literatur im Fach Medizin ist“ beantworteten 65 % mit „trifft sehr zu“ und 35 % mit „trifft zu“. Die Aussage „Ich weiß, wie ich die Literatur für mein Studium finden kann“ bejahten sogar 75 % mit „trifft sehr zu“ und 25 % mit „trifft zu“. Die Studierenden lobten die Powerpoint-Präsentation sowie die dazugehörigen ausführlichen und verständlichen Erklärungen. Erwähnt wurde in diesem Zusammenhang auch der Vorteil eines solchen Online-Kurses: Jeder kann die Videos in seinem eigenen Tempo durcharbeiten, muss sich nicht nach anderen Terminen richten und kann sich die Videos außerdem noch ein zweites Mal ansehen, wenn etwas unklar geblieben ist oder man etwas zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal nachschauen möchte.

Vielfach positiv hervorgehoben wurden außerdem die beiden Übungsblätter, die zu bearbeiten waren, da so das theoretische Wissen aus der Präsentation direkt praktisch angewandt werden konnte. Lediglich die Aufgabenstellungen wurden zum Teil als zu vage und unkonkret bezeichnet. Auch beim Korrigieren der Aufgaben war bereits aufgefallen, dass manche Aufgaben von den Studierenden unterschiedlich interpretiert wurden. Allerdings stand für die Erstellung der Aufgabenblätter durch die kurzfristige Umstellung auf die digitale Durchführung der Veranstaltung nur wenig Zeit zur Verfügung. Aufgrund der Rückmeldungen wurden die beiden Übungsblätter deshalb für das Wintersemester 2020/21 noch einmal überarbeitet.

Uns ist natürlich klar, dass möglicherweise nur die Studierenden bereit waren, an der Evaluation teilzunehmen, die dem Kurs insgesamt wohlwollend gegenüberstanden. Trotzdem bestätigte uns das positive Feedback zu den Unterrichtsmaterialien und Videos, sodass wir für das Wintersemester 2020/2021, das ebenfalls in digitaler Form angeboten wird, bis auf die Überarbeitung der Übungsblätter keine Änderungen vornehmen.

4. Fazit

Der verpflichtende Kurs für Erstsemesterstudierende der Medizin an der Universität Würzburg orientiert sich an den Frames Wissenschaft ist Austausch, Informationen entstehen in einem Prozess und Informationen sind wertvoll des Framework for Information Literacy for Higher Education. Die Studierenden erarbeiten sich Orientierungspunkte in der Informationslandschaft der Medizin und erfahren, welche Prozesse bei der Entstehung von medizinischem Wissen stattfinden. Bei der Kurskonzeption legten die Dozent*innen großen Wert auf aktivierende Übungen und fachspezifische Beispielmaterialien, um den Studierenden viele praktische Erfahrungen zu ermöglichen.

Die positiven Erfahrungen, die wir mit der Umsetzung des Framework gemacht haben, ermutigen uns dazu, auch weitere Kurse inhaltlich und methodisch umzustellen. Schließlich zielt das Framework in das Herz von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit. Wir als Förderer von Informationskompetenz im universitären Umfeld sind gefragt, diese zentrale Bedeutung von Informationskompetenz für den gesamten Wissenschaftsbetrieb immer wieder zu betonen und unsere Zusammenarbeit anzubieten, bis auch die Fakultäten und die Entscheidungsträger flächendeckend dieses Zusammenspiel als wesentlich erkennen.27

Literaturverzeichnis

1 Library Association, American: ACRL STANDARDS. Information Literacy Compentency Standards for Higher Education, in: College & Research Libraries News 61 (3), 2000, S. 207–215.

2 Die Überlegungen, die zu einer neuen Auseinandersetzung mit standardisierten Formen der Förderung von Informationskompetenz führten, sind in der Einleitung zum Framework nachzulesen. Vgl. The Association of College & Research Libraries: „Framework Informationskompetenz in der Hochschulbildung“, in: o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 8 (2), 2021. <https://doi.org/10.5282/o-bib/5674>.

3 Schaub, Gayle; McClure, Hazel: Information Literacy Threshold Concepts and the Association of College and Research Libraries‘ Framework for Information Literacy for Higher Education, in: o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4 (1), 2017, S. 7. < https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H1S1-9>.

4 Meyer, Jan; Land, Ray: Threshold Concepts and Troublesome Knowledge. Linkages to Ways of Thinking and Practising within Disciplines, ETL project 2003, Online: <http://www.etl.tla.ed.ac.uk/docs/ETLreport4.pdf>, Stand: 20.11.2020.

5 Die wesentlichen Grundsätze des Schwellenkonzepts sind zusammengefasst nachzulesen bei Sühl-Strohmenger, Wilfried: Threshold-Konzepte, das ANCIL-Curriculum und die Metaliteracy – Überlegungen zu Konsequenzen für die Förderung von Informationskompetenz in deutschen Hochschulen, in: o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4 (1), 2017, S. 11–14, <https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H1S10-25>

6 Nachzulesen in der Introduction zum Framework for Information Literacy for Higher Education, 2015, S. 2–3.

7 Franke, Fabian: Das Framework for Information Literacy. Neue Impulse für die Förderung von Informationskompetenz in Deutschland?!, in : o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4 (4), 2017, S. 24–26, <https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H4S22-29>

8 Einen aktuellen Überblick über den Stand der Umsetzungen des Frameworks in Bibliothekskursen und über die Forschungsliteratur gibt Anderson, Melissa: Information Literacy Instruction. Frameworks, Pedagogies, and Practices, in: Choice: Current Reviews for Academic Libraries 57 (11), 2020, S. 1165–1170, Online: <http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&db=lxh&AN=143830820&site=ehost-live>.

9 Sauerwein, Tessa: Framework Information Literacy. Aspekte aus Theorie, Forschung und Praxis, in: Bibliothek Forschung und Praxis 43 (1), 2019, S. 126–138.

10 Badke, William: Stressing Out About the Framework, in: Online Searcher 40 (1), 2016, S. 71–73, Online: <http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&db=lxh&AN=112308967&site=ehost-live>, S. 72.

11 AG Informationskompetenz des Bibliotheksverbunds Bayern in Kooperation mit Studierenden der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern, Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen: Visualisierung des Framework for Information Literacy for Higher Education, <http://www.informationskompetenz.de/index.php/visualisierung-des-framework-for-information-literacy-for-higher-education/>, Stand: 20.11.2020.

12 Badke: Stressing Out About the Framework, 2016, S. 72.

13 Badke, William: How I (Try to) Teach the Framework, in: Online Searcher 44 (3), 2020, S. 35–37, Online: <http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&db=lxh&AN=143348492&site=ehost-live>, S. 35.

14 ebd., S. 36.

15 Masterplan Medizinstudium 2020, <https://www.bmbf.de/files/2017-03-31_Masterplan%20Beschlusstext.pdf>, Stand: 24.11.2020.

16 Während in der deutschsprachigen Literatur bisher keine Beispiele für Umsetzungen des Frameworks im Fachbereich Medizin zu finden sind, ergab eine Umfrage in der US-amerikanischen Bibliotheksszene des Fachbereichs Medizin, dass das Framework bereits diskutiert und teilweise angewandt wird. Auch dort ist es aber noch vielen Kolleg*innen unbekannt: Schulte, Stephanie J.; Knapp, Maureen: Awareness, adoption, and application of the Association of College & Research Libraries (ACRL) Framework for Information Literacy in health sciences libraries, in: Journal of the Medical Library Association : JMLA 105 (4), 2017, S. 347–354.

17 Kahoot! | Learning games | Make learning awesome!, <https://kahoot.com/>, Stand: 20.11.2020.

18 Im Kurs verwendete Beispielquellen: Bear, Mark F.; Connors, Barry W.; Paradiso, Michael A. u. a.: Neurowissenschaften. Ein grundlegendes Lehrbuch für Biologie, Medizin und Psychologie, Berlin 20184. Seifert, Roland: Basiswissen Pharmakologie, Berlin, Heidelberg 2018 (Springer-Lehrbuch) Seifert: Basiswissen Pharmakologie, 2018 Lock, J. F.; Wagner, J.; Luber, V. u. a.: Perioperativer Umgang mit Antikoagulation, in: Der Chirurg 89 (2), 2018, S. 95–102, Online: <https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00104-017-0526-9.pdf> Prof. Woodhouse: Anatomie: Grundlagen - YouTube, <https://www.youtube.com/watch?v=cUUa4bOEFYU>, Stand: 20.11.2020.

19 Im Kurs verwendete Beispielquellen: Klein, Steven D.; Nguyen, Dzung C.; Bhakta, Viraj u. a.: Mutations in the sonic hedgehog pathway cause macrocephaly-associated conditions due to crosstalk to the PI3K/AKT/mTOR pathway, in: American journal of medical genetics. Part A 179 (12), 2019, S. 2517–2531; Turrin, Kali B.; Trujillo, Jennifer M.: Effects of Diabetes Numeracy on Glycemic Control and Diabetes Self-Management Behaviors in Patients on Insulin Pump Therapy, in: Diabetes Therapy 10 (4), 2019, S. 1337–1346, Online: <https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s13300-019-0634-2.pdf> McKeigue, Paul M.; Spiliopoulou, Athina; McGurnaghan, Stuart u. a.: Persistent C-peptide secretion in Type 1 diabetes and its relationship to the genetic architecture of diabetes, in: BMC Medicine 17 (1), 2019, S. 165, Online: <https://bmcmedicine.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s12916-019-1392-8>; Goldberg, Michael S.: Improving cancer immunotherapy through nanotechnology, in: Nature Reviews Cancer 19 (10), 2019, S. 587–602, Online: <https://www.nature.com/articles/s41568-019-0186-9.pdf>.

21 Gazzard, Gus; Konstantakopoulou, Evgenia; Garway-Heath, David u. a.: Selective laser trabeculoplasty versus eye drops for first-line treatment of ocular hypertension and glaucoma (LiGHT): a multicentre randomised controlled trial, in: The Lancet 393 (10180), 2019, S. 1505–1516, Online: <http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S014067361832213X> He, Wei; Eriksson, Louise; Törnberg, Sven u. a.: Discontinuation of adjuvant hormone therapy among breast cancer patients not previously attending mammography screening, in: BMC Medicine 17 (1), 2019, S. 24, Online: <https://bmcmedicine.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s12916-019-1252-6>.

22 Arnold, Rudolf: Verdauungstrakt, Ernährungsstörungen, Stoffwechsel, Vergiftungen, Stuttgart 1986 (Innere Medizin in Praxis und Klinik, Band 4).

23 Zum Beispiel in: Neuhaus, Bernhard; Hengst, Karin: Innere Medizin, Zülpich 1994.

24 Die Neuigkeit erreichte sie in einer Bar in Perth, wo sie sich jedes Jahr anlässlich der Bekanntgabe des Nobelpreises trafen, um gemeinsam auf den Anruf aus Stockholm zu warten, so sehr waren sie von der Bedeutung ihrer Entdeckung überzeugt. Vgl. Zylka-Menhorn, Vera: Nobelpreis für Medizin: Der Bakterientrunk lieferte der Fachwelt den Beweis, in: Deutsches Ärzteblatt 102 (40), 2005, S. 2665, Online: <https://www.aerzteblatt.de/archiv/48558/Nobelpreis-fuer-Medizin-Der-Bakterientrunk-lieferte-der-Fachwelt-den-Beweis>, Stand: 20.11.2020.

25 AMBOSS, <https://www.amboss.com/de>, Stand: 20.11.2020.

26 Die Antwortmöglichkeiten sind „trifft sehr zu“, „trifft zu“, „trifft nicht zu“ und „trifft überhaupt nicht zu“.

27 Dazu auch William Badke: „Maybe the reason why information literacy is so marginal in the academic world after all these years is that it has not been properly expressed as essential to the scholarly enterprise. […] The Framework is not some alien monster intended to disrupt (in bad ways) information literacy as we know it. The Framework is a bold attempt to embrace scholarship in a big way, placing information literacy in its larger context.“ Badke: Stressing Out About the Framework, 2016, S. 73.