Einblicke in den Bibliotheksalltag: #Fachreferatsfreitag

Viola Voß, Universitäts- und Landesbibliothek Münster

Zusammenfassung

Was macht eine Fachreferentin oder ein Fachreferent in einer Bibliothek eigentlich den ganzen Tag? Unter dem Twitter-Hashtag #Fachreferatsfreitag lassen sich Kolleg*innen auf ihren Schreibtisch schauen. Der Artikel stellt die Idee dahinter und einige Beispiel-Tweets vor.

Summary

Subject librarians – what do they actually do? Using the hashtag #Fachreferatsfreitag (‘subject librarian friday’), some colleagues use Twitter to give insights into their everyday work. The article presents the idea behind the hashtag and a couple of sample tweets.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5777

Autorenidentifikation:
Voß, Viola: GND: 129295612; ORCID: https://orcid.org/0000-0003-3056-407X

Schlagwörter: Fachreferat, Fachreferatsarbeit, Wissenschaftskommunikation, Fachlicher Austausch, Twitter

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

Das Thema Wissenschaftskommunikation hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erfahren: Neben den „klassischen“ Formaten wie Wissenschaftsseiten in Zeitungen und Zeitschriften oder populärwissenschaftliche Fernsehsendungen sind zum Beispiel Magazine für Forschungseinrichtungen oder Veranstaltungen für Kinderuniversitäten entwickelt worden. Es werden Preise ausgelobt, und im Zuge der „Wissenschaftskommunikation 2.0“ kamen Podcast- und Videoformate auf oder es entstanden Twitter-Accounts wie @realscientists oder @realsci_DE, unter denen „echte“ Wissenschaftler*innen aus ihrer Forschung, Lehre und sonstiger Arbeit berichten. Es wird also nicht mehr nur über Wissenschaft gesprochen, sondern „die Wissenschaft“ ergreift selbst das Wort, mal an interessierte Laien gerichtet, mal an Kolleg*innen in der eigenen oder in anderen Disziplinen.

Aber nicht nur in der Quantenphysik, der Neuropharmakologie oder der Computerlinguistik gibt es Berufsbilder und Aufgaben, die der breiten Öffentlichkeit eher unbekannt sind. Auch der Bestandsauf- und -abbau, die Sacherschließung oder die Entwicklung neuer Informationskompetenzangebote fristen im allgemeinen Diskurs eher ein Mauerblümchendasein: Vermutlich haben viele Kolleg*innen aus Bibliotheken und verwandten Einrichtungen schon ein erstauntes „Da gibt’s eine spezielle Ausbildung für?“, ein „Das kann man studieren?“ oder ein „Ach, sowas macht ihr auch?“ gehört, wenn sie mal Gelegenheit hatten, von ihrer Arbeit zu berichten.

Wie also können Bibliothekar*innen mehr Gelegenheiten bekommen, ihr Berufsbild bekannter zu machen, Austausch mit (zukünftigen) Kolleg*innen zu initiieren und Anregungen für die eigene Arbeit zu erhalten?

Ein inzwischen etabliertes Format dafür sind Praxisberichte im Rahmen bibliotheks- und informationswissenschaftlicher Studiengänge oder in Veranstaltungen anderer Fächer.1 Auch in Fortbildungsveranstaltungen oder auf Fachtagungen wird das Thema mittlerweile ab und an platziert.2 Allerdings bleiben die Informationen hier einem relativ geschlossenen Teilnehmerkreis vorbehalten, der sich zudem ohnehin bereits mit dem Thema Bibliothek beschäftigt.

Eine allen Interessierten offenstehende Medienlandschaft bieten hingegen die Sozialen Medien. Mit Twitter steht ein Kanal mit großer Reichweite zur Verfügung, in dem die „Bibliotheksbubble“ nicht nur international, sondern auch in Deutschland mittlerweile recht groß ist. Hashtags wie #Library Life oder #biballtag3 geben den Leser*innen einen Eindruck von der Arbeit in kleinen und großen Bibliotheken und in ihre verschiedenen Aufgabenbereiche.

Seit Februar 2020 tauschen sich hier unter dem Hashtag „#Fachreferatsfreitag“ 4 einige Kolleg*innen zu ihrer Arbeit aus.5 Mal gibt es nur einen einzelnen kurzen Tweet, mal längere Threads, in denen eine Tätigkeit oder ein Sachverhalt etwas ausführlicher vorgestellt werden. So wird von „bemerkenswerten“ Neuzugängen berichtet, die per Kauf, Geschenk oder Pflichtexemplar in den Bestand gekommen sind,6 es werden zu verschlagwortende Neuerwerbungen vermeldet7 oder die örtlichen Gepflogenheiten der Verschlagwortung erläutert,8 die Problematik des E-Book-Erwerbs diskutiert9 und sich zu ganz praktischen Bestandsmanagementaspekten ausgetauscht10 – und natürlich darf auch Catcontent nicht fehlen.11

 


 

Unter #Fachreferatsfreitag soll nicht nur von Tätigkeiten rund um das Fachreferat an einem Freitag berichtet werden. Der Hashtag bietet ebenso Raum für Rückblicke auf einen oder mehrere Tage und Einblicke in verschiedene Bereiche des Referatsalltags. Auch muss man sich in den Tweets nicht auf Freitage beschränken: Der #Fachrefaratsfreitag ist unabhängig von Wochentag und Uhrzeit und illustriert so die Vielfalt der Fachreferatsarbeit.

Diese Einblicke auf den eigenen bibliothekarischen Schreibtisch können nicht nur Nicht-Bib­lio-thekar*innen darüber informieren, was man als Fachreferent*in eigentlich „den ganzen Tag so macht“, sondern es kann auch zu interessanten Austauschen mit Kolleg*innen in anderen Bibliotheken kommen.12 Unter dem Hashtag wird erörtert, wie oder warum man etwas macht, etwa die (Nicht-)Erwerbung selbstverlegter Literatur13 oder die (Nicht-)Ausleihe von Pflichtliteratur;14 es wird sich über die Pflege von Fachinformationsseiten beraten15 oder über den guten alten Zeitschriftenumlauf diskutiert.16

Gerade für diese Art von Austausch wäre es schön, wenn sich noch mehr Kolleg*innen beteiligen würden.

Vielleicht lesen wir uns ja nächsten Freitag auf Twitter? :)

1 Z.B. im Wahlpflicht-Modul „Wissenschaftliche Dienstleistungen für Lehre & Forschung / Fachreferat“ (bzw. ab
SS 2022 „Erwerbungsstrategien und Bestandsmanagement an wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken“)
im dritten Semester des MALIS-Studiengangs der TH Köln: <https://www.th-koeln.de/studium/bibliotheks--und-informationswissenschaft-master---inhalte_3406.php>, oder in der Seminarreihe „Germanistik im Beruf“ an der WWU Münster, im Sommersemester 2021 mit dem Schwerpunkt „Archiv & Bibliothek“, vgl. Helbing, Malin: Bibliotheken und Archive. Viola Voß und Ariane Ludwig über ganz individuelle Wege in den Beruf, Germanistik im Beruf. Der Blog zur Berufspraxis, <https://gibblog.de/workshop/bibliotheken-und-archive-viola-voss-und-ariane-ludwig-ueber-ganz-individuelle-wege-in-den-beruf/>, Stand: 18.11.2021. Disclaimer: Die Autorin dieses Beitrags trägt seit 2020 zu diesen Veranstaltungen bei.

2 Z.B. der Workshop „Neue Formate in der Wissenschaftskommunikation – Herausforderung für die Informations­­ver-sorgung?“ im November 2021, organisiert von den FIDs AVL und Linguistik und der VDB-Kommission für Fachreferatsarbeit, <https://www.vdb-online.org/veranstaltung/926/>, oder die Veranstaltung „Bibliotheken als Dienstleister­innen und Labore der Wissenschaftskommunikation“ von Claudia Frick und Lambert Heller auf der #vbib21 im Dezember 2021, <https://www.vbib.net/vbib21-programm/programmdetail/vbib21-bibliotheken-als-dienstleisterinnen-und-labore-der-wissenschaftskommunikation/>, Stand: 18.11.2021.

4 Tweets zum #Fachreferatsfreitag nach „Top“-Ranking: <https://twitter.com/hashtag/fachreferatsfreitag> und
chronologisch rückwärts sortiert: <https://twitter.com/hashtag/fachreferatsfreitag?f=live> (oder als handliche
Kurz-URL: <https://t1p.de/fachreferatsfreitag>), Stand: 18.11.2021.

5 Danke an Dörte Böhner für die Anregung, in der o-bib über den Hashtag zu berichten: Tweet von Dörte Böhner
(@bibliothekarin), 05.07.2021, <https://twitter.com/bibliothekarin/status/1412083139703418882>, Stand: 18.11.2021.

6 Z.B. Tweet von Julika Mimkes (@JulikaMimkes), 26.06.2020, <https://twitter.com/JulikaMimkes/status/1276514480
223072258
>; Tweet von @hjbove, 07.05.2021, <https://twitter.com/hjbove/status/1390678143921496074>; Tweet der Autorin (@v_i_o_l_a), 30.04.2021, <https://twitter.com/v_i_o_l_a/status/1388115319881977856>; Tweet von Thomas Witzgall (@Witzgall_T), 22.10.2021, <https://twitter.com/Witzgall_T/status/1451454820800516102>, Stand: 18.11.2021.

7 Z.B. Tweet von Christoph Valentin (@val_bib), 19.03.2021, <https://twitter.com/val_bib/status/1372824812972875
777
>, Stand: 18.11.2021.

8 Z.B. Tweet der Autorin (@v_i_o_l_a), 06.03.2020, <https://twitter.com/v_i_o_l_a/status/1235844746574102528>, Stand: 18.11.2021.

9 Z.B. Tweet der Autorin (@v_i_o_l_a), 17.04.2020, <https://twitter.com/v_i_o_l_a/status/1251180622493757440>, Stand: 18.11.2021.

10 Z.B. Tweet von @anotherfami, 16.10.2020, <https://twitter.com/anotherfami/status/1317083787373797376> und Tweet von Christoph Valentin (@val_bib), 02.10.2020, <https://twitter.com/val_bib/status/1312040192379936769>, Stand: 18.11.2021.

11 Z.B. Tweet von Björn Schreiner (@bjoesch), 04.12.2020, <https://twitter.com/bjoesch/status/133484605130033
5622
>, Stand: 18.11.2021.

12 Vgl. dazu z.B. auch die Erwähnung des Hashtags im Abschnitt „Fachreferats-Montage“ in: Hagen, Florian: Monatsnotiz
Januar 2021 – Besser spät als nie!, tub.tutorials, 22.02.2021, <https://www.tub.tuhh.de/tubtorials/2021/02/22/monatsnotiz-januar-2021-besser-spaet-als-nie/>, Stand: 18.11.2021.

13 Z.B. Tweet von @AnythingAsks, 05.02.2021, <https://twitter.com/AnythingAsks/status/1357741451099185157>, Stand: 18.11.2021.

14 Z.B. Tweet von Christoph Valentin (@val_bib), 24.07.2021, <https://twitter.com/val_bib/status/141884376095651
8409
>, Stand: 18.11.2021.

15 Z.B. Tweet von Christoph Valentin (@val_bib), 13.11.2020, <https://twitter.com/val_bib/status/132713334067626
3936
>, Stand: 18.11.2021.

16 Z.B. Tweet von Christoph Valentin (@val_bib), 08.10.2021, <https://twitter.com/val_bib/status/144644503468599
2964
>, Stand: 18.11.2021.