Openness in Bibliotheken

Positionspapier der Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB1

Zugang zu Wissen zu gestalten ist eine zentrale Aufgabe moderner Bibliotheken. Bezog sich die Frage der Offenheit im letzten Jahrhundert noch auf rein Materielles wie Öffnungszeiten oder den Zugang zu Büchern, so nimmt heute der Begriff Openness im Kontext der digitalen Transformation auch Bezug auf immaterielle Güter und fordert einen offenen, durch möglichst wenige finanzielle, technische und rechtliche Hürden behinderten Zugriff auf Information.

Auch in der wissenschaftlichen Forschung gewinnt das Thema Openness immer mehr an Bedeutung. Digitale Arbeitsumgebungen haben die Methoden und Vorgehensweisen grundlegend verändert. Forschung erfolgt zunehmend fachübergreifend auch anhand digitalisierter oder digitaler Objekte. Der Übergang zu digitalen Veröffentlichungen ist grundsätzlich nahtlos möglich.

Ausgehend von Open Access, dem freien und kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen, wird mit dem Begriff Open Science2 die Öffnung weiterer Teilaspekte des Forschungszyklus bezeichnet. So werden Forschungsdaten als digitale Objekte in unterschiedlichen Stadien eines Projekts publiziert, Forschungsmethoden offen dokumentiert und auch die Qualitätskontrolle zunehmend transparenter gestaltet. Die Öffnung des Forschungszyklus fördert die Nachvollziehbarkeit und Zuverlässigkeit von Forschungsergebnissen sowie die Entwicklung interdisziplinärer Lösungsansätze für globale Probleme.

Bibliotheken sind zwar zentrale Akteure der digitalen Transformation hin zu einer offenen Informationsgesellschaft, aber nicht alleine für den Erfolg dieser Transformation verantwortlich. Bei allen Beteiligten lässt sich zunehmend ein kultureller Wandel hin zur Openness beobachten: Forschende streben Openness im Forschungs- und Publikationsprozess an, Hochschulleitungen formulieren Policies zur Förderung von Openness und schaffen entsprechende Infrastrukturen, Drittmittelgeber erwarten bei der Vergabe von Fördermitteln eine Offenlegung von Forschungsprozessen und -daten. Auch politische Unterstützung bei der Schaffung von finanziellen, rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen ist erforderlich.

Gleichzeitig gibt es von verschiedenen Seiten auch Einschränkungen und Grenzen für die Offenlegung von Forschungsprozessen, –daten oder –ergebnissen. Openness heißt immer auch “as open as possible, as closed as necessary”3 im Sinne der FAIR-Prinzipien.

Wie stellt sich die Situation für Bibliotheken konkret dar?

Schon aufgrund ihres Selbstverständnisses und der gesellschaftlichen Verantwortung als demokratiefördernde Institutionen befürworten Bibliotheken den Weg zu mehr Openness. Darüber hinaus gibt es jedoch weitere Gründe für die Förderung eines offenen Umgangs mit Wissen:

Damit Bibliotheken ihrem Selbstverständnis eines offenen Angebots von Räumen, Informationen und Beratung nachkommen können, müssen die folgenden Voraussetzungen geschaffen werden:

Bibliotheken bieten eigene Services sowie Schulung und Beratung an, um die Umsetzung von Openness in verschiedenen Bereichen zu unterstützen, und engagieren sich bereits in den folgenden Bereichen:

Vor diesem Hintergrund sieht die Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB die folgenden Herausforderungen auf dem Weg zu mehr Openness:

Die Kommission für forschungsnahe Dienste sieht die Förderung von Openness als zentrale Aufgabe von Bibliotheken. In diesem Sinne setzt sie sich nachdrücklich für den Aufbau sowie die Weiterentwicklung innovativer, den Prinzipien der Offenheit und Openness verpflichteten Bibliotheksservices ein.

Alexander Berg-Weiß, Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Sibylle Hermann, Informations- und Kommunikationszentrum der Universität Stuttgart
Miriam Kötter, Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen
Caroline Leiß, Universitätsbibliothek der Technischen Universität München
Christoph Müller, Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Annette Strauch-Davey, Universitätsbibliothek Hildesheim

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5826

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Das Positionspapier wurde von der Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB – Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare auf Anregung des VDB-Vorstands erstellt und dient als Grundlage für eine Positionierung des Berufsverbands sowie der verschiedenen Fachkommissionen des VDB zum Thema Openness. Informationen zur Kommission sowie Kontaktdaten unter <https://www.vdb-online.org/kommissionen/forschungsnahe-dienste/>, Stand: 26.04.2022. Das Positionspapier ist auch in englischer Sprache veröffentlicht: Openness in Bibliotheken. Position Paper of the Commission for Research-Related Services of the VDB, in: o-bib 9 (2), 2022. Online: <https://doi.org/10.5282/o-bib/5834>.

2 Vgl. What is Open Science? Introduction, FOSTER, <https://www.fosteropenscience.eu/content/what-open-science-introduction/>, Stand: 26.04.2022.

3 Vgl. European Commission, Directorate-General for Research and Innovation: Strategic Research and Innovation Agenda (SRIA) of the European Open Science Cloud (EOSC). Version 1.0, Brüssel 2021. Online: <https://doi.org/10.2777/935288>, S. 61.