Open Access zwischen Community-Arbeit und Sammlungsmanagement

Ein Praxisbericht

Tabea Lurk, Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel

Zusammenfassung

Der Beitrag geht auf Effekte von Open Access an Kunsthochschulen ein. Dabei rückt er das Wechselspiel von Community-Arbeit und Sammlungsaufbau ins Zentrum der Betrachtung. Mithilfe von Fallbeispielen lassen sich Chancen und Herausforderungen spezifizieren. Der etablierten Konnotation von „Publish and Read“ wird so eine neue, hochschulinterne Sicht hinzugefügt: Indem Bibliotheken in die Community und die Zugänglichmachung von – in diesem Fall künstlerisch-gestalterischen – Inhalten und Werken investieren (publish), können sie einerseits die eigenen Bestände auf- und ausbauen sowie mit anderen teilen (read). Andererseits schaffen sie Mehrwerte, beispielsweise Referenzierbarkeit, die ihrerseits sowohl die Kunstschaffenden unterstützen als auch der guten wissenschaftlichen Praxis zuträglich sind. Die Relevanz stabil identifizierbarer, zitierbarer und nachnutzbarer Werke sowie deren Nutzungshistorie steigt nicht nur durch die Anforderungen der künstlerischen Forschung, von Promotionsprogrammen und Berufungsverfahren, sondern auch aufgrund bibliometrischer Ansätze, die eine quantitativen Vermessung von „Output“ intendieren.

Summary

This article examines the effects of open access at academies of fine art. It focuses on the interplay between community work and collection development. Based on case studies, chances and challenges are explained. This adds a new, university-centered view to the established connotations of “publish and read”: By investing in dedicated communities and making content (in this case artistic and creative) and works accessible (publish), libraries can not only develop and expand their own collections and share these with others (read). They also create added value, such as citability, which in turn supports the artists and designers and also serves good scientific practice. The relevance of stable persistent identifiers, citability, and re-usability of works, including the history of how they were used and referenced, is increasingly important. This is not only due to the requirements of artistic research, PhD programs, and appointment procedures, but also due to bibliometric methods for measuring performance and scholarly outcome quantitatively.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5830

Autorenidentifikation: Lurk, Tabea: GND: 1078962359; ORCID: https://orcid.org/0000-0001-9848-8136

Schlagwörter: Open Access; Künste; FAIR; Community Work

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1. Einleitung

Traditionellerweise bauen Kunsthochschulen (Spezial- und/oder Sonder-)Sammlungen mit künstlerisch-gestalterischen Inhalten, Modellen und/oder vielfältigen Materialien auf.1 Sie tun dies, weil zum einen, wie auch in den übrigen Disziplinen, Anschauungsmaterialien für die Lehre und/oder Forschung benötigt werden.2 Zum anderen fallen hausintern Inhalte an, die zu wertvoll oder relevant erscheinen, um einfach entsorgt zu werden.3 Darüber hinaus ist die Aufbereitung und Bewahrung künstlerischer (Daten-)Inhalte durch die Bibliotheken strategisch wichtig, weil es, im Unterschied zu klassischen Publikationsformen, kaum Anbieter für entsprechende (Werk-)Quellen gibt.4

Zwar werden in Zeiten der künstlerischen Forschung und sich öffnender Archive die Grenzen zwischen Werk und Publikation immer durchlässiger: Künstlerische Werke erheben zunehmend den Anspruch, (auch) als publizierter Output wissenschaftlich anerkannt zu werden.5 Dennoch landen diese häufig in Galerien, Museen oder im Privatbesitz, wo sie nur beschränkt zugänglich und selten systematisch online einseh- oder studierbar sind. Während die Finanzierungsmodelle der Onlineservices für Videokunst6 und die Streaming-Angebote für filmische Werke7 kaum zu den Bedürfnissen (Programmvielfalt, Stabilität des Angebots, Deckungsbreite) und Ressourcen der Kunsthochschulen passen, schränkt bei digitalen Werken und Daten das Urheberrecht die technische Option zur Kopie massiv ein.8

Global betrachtet machen immer mehr Galerien, Museen, Archive und Bibliotheken (GLAM) Abbildungen oder Repräsentationen insbesondere ihrer gemeinfreien (historischen) Bestände im Zuge von sog. Open-GLAM-Engagements frei zugänglich.9 Dennoch gestaltet sich der Zugang zu Werken insbesondere der Gegenwartskünste aufgrund der weiterhin urheberrechtlich geschützten oder nicht klar als offen deklarierten, geschlossenen Bestände und restriktiven Nutzungsformen weiterhin komplex.10 Gebremst wird die Entwicklung von Open Access (OA) in den Künsten aber nicht nur durch die Nähe zum Kunstmarkt, zu Patent- bzw. Urheberrechtskonventionen des Designumfeldes (Produkte, Marken/Labels, Shows/Messen) und die veraltete Vorstellung: „Was nichts kostet, ist nichts (wert)“,11 sondern auch wichtige OA-Anreizsysteme wie etwa steigende (Rück-)Zitationen greifen in den Künsten aufgrund fehlender Praktiken bisher kaum.12 Es braucht also Anwendungsfälle, die Mehrwerte einer auf Sharing, Open- und FAIRness-basierten Praxis aufzeigen und jenem ,Verlangen nach Sichtbarkeit’ entgegenkommen, das in den Künsten besonders zu spüren ist.13

Die folgenden Überlegungen verdeutlichen daher, wie a) Wertschätzung und Sichtbarkeit ein Schlüssel zum OA-Erfolg sein können und b) das Instrumentarium der Bibliotheken gerade in den Künsten bisher ungenutzte Potenziale ausschöpfen könnte. Der Weg zur Quelle führt hier häufig weiterhin über Menschen, welche einer Nutzung meist persönlich zustimmen müssen, und nur selten Stakeholder wie etwa juristische Personen.

2. Kollaboration und Kooperation

Neben dem Aufbau umfangreicher Material- und Werksammlungen gehört die enge Vernetzung mit den fach- und themenspezifischen Communities zu den tragenden Säulen der Arbeit an Kunsthochschulen. Dies ist auch in den Bibliotheken spürbar: Als meist öffentliche Organisationseinheiten werden sie gern von Alumni, kulturellen Akteurinnen und Akteuren, Forschenden und Interessierten genutzt. Das hat auch deshalb Tradition, weil die Grenzen zwischen Hochschule, Kunst-/Design-Kosmos und Gesellschaft permeabel wirken, die Anstellungsverhältnisse oft prekär sind („unaffiliated knowledge workers“)14 und die Kunstschaffenden häufig unterschiedliche Aufgaben und Tätigkeiten in Personalunion vereinen. Durch den Kontakt innerhalb und außerhalb der Bibliothek etablieren sich kommunikative Netzwerke, die sowohl für die generationenübergreifende Weitergabe von Wissen als auch für die Bestandsentwicklung, so die These, eine wichtige Rolle spielen.15

Wendet man daher das Konzept der ‚Community of Practice’ (CoP) auf die Bestandsarbeit an, werden Bibliotheken zu Informationsbrokern,16 die durch ihre Serviceleistungen (Benutzung, Beratungen im Feld der Informations-, Medien- und Digitalkompetenz, Forschungsunterstützung etc.) die Kommunikation aufrechterhalten und/oder aktivieren.17 Darüber agieren sie ermöglichend und wirken mittelfristig steuernd: Indem sie flüchtige Informationen so aufbereiten, dass diese dauerhaft auffindbar, zugänglich, interoperabel und nachnutzbar (FAIR) werden, bringen sie Stabilität und Referenzierbarkeit (PID, Handle, DOI, ORCID, GND, FIAV, Wikidata-ID etc.) in einen Bereich, der zwar seit Jahrhunderten Gegenstand der Forschung und Vermittlung ist, jedoch ohne selbst systematisch über wissenschaftliche Kanäle (bibliografische Datenbanken, Wissenschafts-, Fachportale) recherchierbar und referenziert zu sein.

CoP, Bestandsentwicklung und FAIRness gemeinsam zu denken, bedeutet letztlich, dass das semantische Geflecht der Daten und Metadaten sowohl die Sammlungen kontextualisiert als auch die Community stabilisiert: Als Träger der Metadaten werden die Werke für die Künste zu idealerweise normierten Knotenpunkten, welche Personennamen und Werketitel über Publikations- bzw. Erscheinungsorte, Anlässe (z.B. Festivals) und Datierungen miteinander in Beziehung setzen.18 Diese Kontextinformationen erscheinen in den Künsten umso wichtiger, als Kunst häufig bildbasiert arbeitet und die textuelle Erschließung komplex sein kann.19 Mittels semantischer Interoperabilität tragen kontextuelle Metadaten dazu bei, textuelle Erschließungslücken zu überbrücken.20

3. Teilen von Wissen und Ressourcen

Ein einfaches Beispiel für die Semantik, die durch simple Korrelationen entsteht, verdeutlicht Abbildung 1: Im Hintergrundbild verzeichnet sind die Sammlungstitel (repräsentiert durch Ovale) der digitalen Performancebestände der Mediathek der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW und alle in diesen Sammlungen nachgewiesenen Kunstschaffenden (repräsentiert durch Rechtecke). Linien weisen die Zugehörigkeiten aus, wobei Werke/Dokumentationen einer Person in unterschiedlichen Sammlungen vorkommen.21 Da die Datenmenge in Summe so groß ist, dass sich Rechtecke und Ovale bis zur Unkenntlichkeit verdichten, wurden von Hand einzelne Werkbeiträge (Vordergrundbild unten rechts) herausgegriffen.22

Abb1.jpg 

Abb. 1: Auswertung der digitalen Sammlungen zur Performancekunst der Mediathek der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel (Stand: Sommer 2022)

Für den vorliegenden Kontext ist von Interesse, dass hinter den Vernetzungslinien meist Schlüsselfiguren (CoP: Insider) stehen, die im Unterschied zu den gesammelten Kunstschaffenden (CoP: periphere Mitglieder) die Geschehnisse z.B. kuratorisch strukturieren und lenken.23 Mediatheksseitig schlägt sich dieses Insider-Engagement in (Material- und Werk-)Sammlungen nieder, die zur Übernahme angeboten oder kooperativ durch die Mediathek produziert werden. Mit Blick auf die Sonderbestände der Mediathek gehören René Pulfer,24 Muda Mathis25 und Reinhard Manz26 zu den Schlüsselfiguren der ersten Generation.

Tabelle 1: Selektiver Überblick zu den Sondersammlungen der Mediathek der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel, den dahinterstehenden Schlüsselfiguren und ihrer Zugänglichkeit (Stand: Sommer 2022)

Titel
Datum

Schlüsselperson**
Beteiligte*

Zugänge

Videosammlung IKUVID

1980er Jahre - Gegenwart

René Pulfer**

Institutsangehörige*

Hochschulinterne Nutzung

Videowochen im Wenkenpark

1984, 1986, 1988

René Pulfer**

Reinhard Manz*

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/wenkenpark.php

https://www.wikidata.org/wiki/Q111754595

SLSP-Sammlungs-ID: 6140810280005518

Performance Chronik Basel

1987-2006

Muda Mathis**

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/pcb.php

https://www.wikidata.org/wiki/Q111803190

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850260005518

ACT Basel

ab 2003

Muda Mathis**

Marion Ritzmann*

Hochschulinterne Nutzung

Summe 2017

2017

Chris Regn**

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/event/Summe2017

https://www.wikidata.org/wiki/Q111754212

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850570005518

Archive des Ephemeren

2017-2019

Pascale Grau**

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/event/archivedesephemeren

https://www.wikidata.org/wiki/Q111754212

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850570005518

Film + Design

1968-1998

Reinhard Manz**

Peter von Arx*

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/l/Film+Design

 

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850120005518

Kasko /I + II

ab 2001

Chris Regn**

Pascale Grau*

Im Übernahmeprozess inkl. Digitalisierung

6x2 Performance Duos

2020

Pascale Grau**

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/l/6x2PerformanceDuos

https://www.wikidata.org/wiki/Q112063619

Doce en Diciembre - Ozeanische Sache

2020

Andrea Saemann**

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/event/archivedesephemeren

https://www.wikidata.org/wiki/Q111754212

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850570005518

Must or Not

2017-2019

Andrea Saemann**

Chris Regn*

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/l/MustOrNot

 

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850470005518

Together Elsewhere

ab 2021

Gisela Hochuli**

Pavana Reid*

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/event/togetherelsewhere

https://www.wikidata.org/wiki/Q111754368

SLSP-Sammlungs-ID: 6140850550005518

Bang Bang. Performance

Hi:stories revolved (2017-2019)

Chris Regn**

Muda Mathis*

Andrea Saemann*

https://mediathek.hgk.fhnw.ch/bangbang/digitale-see/

https://www.wikidata.org/wiki/Q111803182

In den letzten Jahren verändert sich die Motivation und die Art des Sammelns.27 Zu den historischen Sammlungskonzepten einer ‚Quellensicherung für Recherchen‘ (z.B. bezogen auf die Werke von Pulfer, Manz oder Mathis) kommt die Relevanz des freien Zugangs via Internet hinzu. Exemplarisch für diese auf unbeschränkte Sichtbarkeit zielende Repräsentationsfunktion sei die Zusammenarbeit mit Pascale Grau,28 Albena Mihaylova,29 Chris Regn,30 Andrea Saemann31 sowie Gisela Hochuli (s.u.) erwähnt. Als Künstler*innen und Kurator*innen haben sie die Mediathek als institutionelle Partnerin konsultiert, um ihre Werke, Werkreihen und Veranstaltungen dauerhaft zugänglich und künstlerisch nachnutzbar zu machen. Die Mediathek übernimmt in diesen Fällen z.T. nicht erst nachträglich die Daten, sondern wird bereits in die Erstellung (Erschließung, Live-Streaming mit Regie und Support etc.) einbezogen.

4. Community-basierte Zusammenarbeit und Teilhabe

Die Freigabe von Quellen folgt in diesem Fall auch einer intrinsischen Motivation: Orchesterwerke, Spielfilme, Theateraufführungen oder eben Performancekunst leben von Zusammenarbeit: Sie können als Werk häufig erst in Erscheinung treten und ex post dauerhaft zugänglich bzw. wahrnehmbar werden, wenn unterschiedliche Personen zuvor miteinander kooperiert haben. Abbildung 2 präsentiert eine Entscheidungshilfe, um trotz wachsender Anzahl an Beteiligten die steigende Komplexität der Rechtelage (z.B. im anschließenden Publikationsprozess) im Blick zu behalten.32 Die Mediathek empfiehlt daher, dem Komplexitätsargument folgend, durchgehend die Nutzung freier Creative-Commons-Lizenzen.33

Abb2.png

Abb. 2: Klärungsschritte vor der Nachnutzung von Bildmaterialien nach Sandra Sykora (CC BY 4.0)

Im Umfeld der Performancekunst wird dies gern aufgegriffen, weil nach der Aufführung meist nur noch Planungsunterlagen, Performancerelikte und Dokumentationen in Bild und Ton als Quelle übrigbleiben.34 Dokumentationen stammen i.d.R. von Zweiten, weil die Performenden während der Aufführung mit der jeweiligen Aktion beschäftigt sind und sich häufig nicht selbst aufzeichnen können. Auch wenn die Urheberrechte am aufgezeichneten Dokument technisch bei den Foto- oder Videografierenden liegen, werden die Performenden (darin quasi Darstellungsgegenstand) weiterhin als Urhebende der Performance genannt.35 Die überlieferten Quellen werden zum Werk. Freie Lizenzen entspannen die Situation für alle Parteien und machen die Resultate für Forschung, Lehre und die Kunstschaffenden selbst dauerhaft nachnutzbar.36

5. Offenheit als Basis für Teilnahme und Teilhabe

Aspekte der Autorenschaft und Selektion sind im Zuge des Schaffens von Kunstwerken nicht nur Gegenstand der späteren Verhandlung und Publikation, sondern oft Inhalt der künstlerischen Aushandlungsprozesse. Anschaulich wird dies bspw. mit „Must or Not“. Als öffentliche Veranstaltung mit 25 Performances bestand das Ziel dieses Events in der Produktion hochwertiger Quellen, die von Anfang an für freie, bildbasierte Verhandlung und Zirkulation der Werke im Internet, der Lehre und Forschung gedacht waren.37

Das Anlassformat entsprach den üblichen Events des Kaskadenkondensators (Kasko Basel), die Teilnehmenden waren alle seit etlichen Jahren in der Szene sowie untereinander bekannt. Speziell war hingegen die Explizitheit der Rahmenbedingungen, also die gemeinschaftliche, freie Publikation (doppelte Autorenschaft [Performende, Fotografierende] unter CC BY 4.0) via Mediathek,38 die letztlich dazu führte, dass gleich mehrere Fotografinnen und Fotografen die Performances dokumentierten, statt sich abzuwechseln. Während künstlerisch und kunsthistorisch die jeweiligen Sichten und die Relativität vermeintlich objektiver Dokumentationsformen interessant wirken, war und ist die metadatentechnische Modellierung des Projekts mit Bordmitteln komplex und führt letztlich zu einer semantischen Verschiebung bei der Beurteilung der Quellen.

Abb3.png

Abb. 3: Bildvergleich zu „insekten sterben“. Links: Ursula Scherrer, Markus Goessi (2020, CC BY 4.0); rechts: Ursula Scherrer, Ute Schendel (2020, CC BY 4.0)

Bestandsarbeit und Publikationsunterstützung nähern sich auch bei der monatlich stattfindenden Serie „Together Elsewhere“ (seit 2021) einander an, die von Gisela Hochuli (Performance Art Network Schweiz – PANCH) und Pavana Reid (Performance Art Bergen – PAB) als internationaler Austausch organisiert wird. Die Mediathek produziert die 30-minütigen Liveperformances, die gleichzeitig in Norwegen, der Schweiz und dem digitalen Raum des Internets stattfinden.39 An Doppelprojektionen erinnernd, werden in den CC-BY-4.0-Online-Ressourcen unterschiedliche Haltungen und Methoden der aktuellen Performancekunst wahrnehmbar, was insbesondere in Lehr- und Vermittlungskontexten dankend aufgenommen wird (Reusability im Sinne der FAIR-Prinzipien).

Abb4.png

Abb. 4: Screenshot zu „Together Elsewhere I“. Pavana Reid, Gisela Hochuli (2021, CC BY 4.0)

Auch wenn es Aufgabe der Kunstgeschichte sein wird, die Quellen im Detail zu beurteilen, unterstreicht ein Blick auf die Metadaten die Relevanz der Inhalte.40 Dieser Nachweis wird künftig noch deutlicher ausfallen, denn mit der Datenbasis zum Ausstellungsprojekt „Bang Bang. Translokale Performance Geschichte:n“ hat die Mediathek Zugang zu einem (Meta-)Datenpool geschaffen, der mit ca. 1.500 Werkdatensätzen die Geschichte der Performancekunst der Schweiz in einer bisher unzugänglichen Breite abbildet und erstmals recherchierbar macht.41 Als großangelegtes Community-Projekt haben die Kuratorinnen der Performance Chronik Basel42 die Performance-Szene dazu aufgerufen, ihre Werke und Projekte über ein auf diesen Anwendungsfall angepasstes Formular der Mediathek einzureichen. Die Einträge sollten während der Art Basel 2022 im Rahmen der „Bang Bang“-Ausstellung im Tinguely Museum gezeigt sowie auf Wunsch als historische Quelle dauerhaft via Mediathek zugänglich bleiben. Zudem wurde vorab festgelegt, dass die Metadaten via Internet frei einsehbar bleiben. Die digital eingereichten Referenzmaterialien dokumentieren neben einzelnen Werken, Festivals (z.B. Jahresausgaben), Dokumentensammlungen und historische Materialien (z.B. digitalisierte Kontaktabzüge) von über 2.000 internationalen Kunstschaffenden auf über 15.000 Dateien (Datenvolumen ca. 2 TB).43

6. Diskussion und Ausblick

Die Beispiele verdeutlichen, welche Potentiale die offene und offensive Datenpolitik einer Bibliothek entfalten kann. So wird die Mediathek der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW immer häufiger bei jenen Projekten der Community von Beginn an mitgedacht, die versprechen datenintensiv, technisch komplex und/oder historisch relevant zu werden. Während die Mediathek dauerhaften Zugriff auf sonst unzugängliche Daten erhält, profitieren die verschiedenen Communities von einem reibungslosen, hochwertigen Datenmanagement, an dessen Ende nicht selten dauerhafte Sichtbarkeit (idealerweise durch eine CC-Lizenz) und Referenzierbarkeit (durch persistente Identifikatoren) steht.

Dennoch sollte die Freude über derartige Entwicklungen nicht über beachtliche Desiderate hinwegtäuschen. So gibt es gravierende organisatorische und infrastrukturelle Unterschiede an den deutschsprachigen Kunsthochschul(bibliothek)en: Während die meisten Einrichtungen in Österreich und der Schweiz über Publikationsserver oder entsprechende Zugänge verfügen44 und ihre Outputs darüber teils regelmäßig rapportieren (müssen45), sind derartige Infrastrukturen bei den deutschen Einrichtungen eher die Ausnahme (z.T. trotz Promotionsrecht). Auch variieren der Umgang mit Drittdaten stark, die häufig eher in Ausnahmefällen und projektbasiert Einzug in die entsprechenden Aufbewahrungssysteme finden, sowie die Bemühungen bspw. zum Kuratieren von Open Access.46

Das hat nicht nur Effekte auf die Quellenlage, sondern auch auf Absprachen und die Implementierung von Nachhaltigkeit.47 Die Ungleichzeitigkeit führt dazu, dass die einen noch nach Zugängen zu nachhaltigen Publikations- und Dokumentationsinfrastrukturen suchen, während sich andere z.B. fragen:

Gleichzeitig produzieren insbesondere kollaborativ ausgelegte Bereiche der Künste immer häufiger frei nachnutzbare Quellen, deren hausinterne Zweitablage (i.d.R. 10 Jahre) allein schon aufgrund der hohen Dynamiken an Kunsthochschulen, dem Kunstmarkt sowie den weiteren digitalen Ökonomien sinnvoll erscheint.50 Dennoch kann mit Blick auf die digitalen Bestände der Kunsthochschulbibliotheken der Eindruck entstehen, dass einerseits Vernetzung und Zusammenarbeit noch ausstehen,51 andererseits könnte der zeitliche Verzug auch Vorteile bergen. So könn(t)en kooperativ aufgebaute DM-, Speicher- und Publikationsinfrastrukturen dort von Anfang an kunstkonform(er) ausgerichtet werden, wo aktuelle Lösungen aus Sicht der Künste zu selten die Bedürfnisse der künstlerischen Fächer abbilden.52

Ein Blick auf die sog. FAIR Data Principles zeigt weitere, wenig genutzte Potentiale. Die Prinzipien spezifizieren auf einer konzeptionellen Ebene, wie die Auffindbarkeit (Findability), Zugänglichkeit (Accessibility), der Datenaustausch (Interoperability) und die Nachnutzbarkeit (Reusability) digitaler Daten und Publikation verbessert sowie dauerhaft gesichert werden kann.53 Andersherum ausgedrückt, lassen sich aus den FAIR Data Principles Hilfestellungen für den systematischen Aufbau der Bestände, ihrer Pflege und Vernetzung ableiten, die zugleich naheliegend und zumindest weitgehend realisierbar wirken: Vom Prinzips der Auffindbarkeit (FAIR:F) sind im vorliegenden Kontext die Absätze eins (FAIR:F1) bezüglich PIDs und vier (FAIR:F4) zwecks Nachweissystemen und Katalogen besonders relevant. Die dauerhafte öffentliche Zugänglichkeit (FAIR:A) dieser Verzeichnisse wird in Absatz 1 (FAIR:A1) des zweiten Prinzips gefordert. Nicht zuletzt rät Absatz 1.3 zur Nachnutzbarkeit (FAIR:R) eine breite Verankerung der verwendeten Begrifflichkeiten, Vokabulare und Systematiken innerhalb der jeweiligen den Fachgesellschaften und Zielgruppen.

Wo Interoperabilität aufgrund der nicht-textuellen und wenig harmonisierten Metadatenlage derzeit komplex scheint,54 wirken solche Ansätze vielversprechend, die sie aus dem Umfeld der Datenpublikationen stammen und Kontextinformationen wertschätzen. Diese fordern, wie übrigens auch wissenschaftliche Datenmanagementpläne, Informationen zur Datenlage, zu Erhebungs- und Auswertungsmethoden sowie zu Forschungsprozessen. Das lässt sich insofern trefflich auf die Künste übertragen, als die verwendeten Materialien, (Herstellungs-)Techniken und Methoden sowie Gestaltungs- bzw. Schaffensprozesse immer schon rege diskutiert werden und den Beteiligten oft sehr viel greifbarer wirken als die üblichen Beschreibungsformen.55 Da nicht zuletzt Relevanz durch Verknüpfung entsteht, dürften in Zukunft Kontextinformationen, wie insbesondere Angaben zu Festivals, Ausstellungsteilnahmen (Ortsangaben, Institutionen/Veranstalter) oder Preise, Raum-Zeit-Korrelationen einzelner Kunstschaffender, Kollektivteilnahmen, Aufgabenfelder (innerhalb z.B. der Kunstereignisse) an Bedeutung gewinnen. Sie können dort semantische Lücken schließen, wo die Angaben formalisierbar und harmonisierbar sind. Trotz beachtlicher Baustellen lässt sich aus dem Feld der Künste mithin optimistisch in Richtung OA blicken.

Literaturverzeichnis

1 Vgl. Mühlenberend, Sandra (Hg.): Sammlungen an Kunsthochschulen. Speichern und vermitteln. Dresden 2020. Online: <https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-710310>. International bekannt sind z.B. die Sammlungen der Akademie der Künste Berlin (Online: <https://www.adk.de/de/archiv/kunstsammlung/index.htm>, Stand: 20.09.2022), der Hochschule für Bildende Künste Dresden (Online: <https://www.hfbk-dresden.de/hochschule/einrichtungen/archiv-kustodie>, Stand: 20.09.2022) oder der Akademie der bildenden Künste Wien (Online: <https://www.akbild.ac.at/de/museum-und-ausstellungen>, Stand: 20.09.2022). Aus der Schweiz sei der Verbund der Materialarchive (Online: <https://materialarchiv.ch/>, Stand: 20.09.2022) sowie z.B. der künstlerisch-forschende Ansatz des Textilarchivs (Online: <https://silkmemory.ch/>, Stand: 20.09.2022) erwähnt.

2 Zu den wissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland vgl. Portal Wissenschaftliche Sammlungen. Online: <https://portal.wissenschaftliche-sammlungen.de/>, Stand: 20.09.2022. Zur FAIRness derselben vgl.: Beer, Anna: Anwendbarkeit der FAIR Data Principles auf digitale Sammlungen in deutschen Forschungsmuseen, Masterarbeit, Fachhochschule Potsdam, Potsdam 2021. Online: <https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:kobv:525-25310>.

3 Vgl. hierzu die Diskussion um die Entsorgung/Zerstörung der berühmten Fettecke („Raum 3“, 1982-1986) von Joseph Beuys in der Düsseldorfer Kunstakademie.

4 Mit Blick auf die Quellenlage kommt dem Alterswert häufig ein deutlich größerer Stellenwert zu, als z.B. der Neuerungsquote.

5 Der Recherche- und Sichtungsbedarf entsprechender Quellen steigt mithin.

6 Jenseits des freien Zugangs via UBU-Web (<https://www.ubu.com/>, Stand: 20.09.2022) wird Videokunst i.d.R. lizenziert und stark reguliert zugänglich gemacht – z.B. durch Electronic Arts Intermix (EAI New York, <https://www.eai.org/>, Stand: 20.09.2022), London Video Arts (LUX, <https://lux.org.uk/tag/london-video-arts-lva>, Stand: 20.09.2022), LI-MA (ehem. MonteVideo/Time Based, Amsterdam <https://www.lima.nl/lima/>, Stand: 20.09.2022), Vtape (Toronto, <https://vtape.org/>, Stand: 20.09.2022), Video Gallery Scan (Tokio, <http://www.processart.jp/?mode=about>, Stand: 20.09.2022), Stiftung IMAI (Düsseldorf, <https://stiftung-imai.de/>, Stand: 20.09.2022), Medien Kunst Netz (Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, <http://www.medienkunstnetz.de/konzept/>, Stand: 20.09.2022), ARGOS (Brüssel, <https://www.argosarts.org/>, Stand: 20.09.2022) sowie teilweise die Memobase (Memoriav Bern, <https://memobase.ch/de/start>, Stand: 20.09.2022).

7 Vgl. Bohn, Anna: Themenschwerpunkt Video-Streaming. Editorial, in: Bibliothek Forschung und Praxis 44 (3), 2020, S. 309–312. Online: <https://doi.org/10.1515/bfp-2020-2053>.

8 Hinzu kommen zumeist komplexe konservatorische An- und Herausforderungen – insbesondere, wenn die Übernahme erst zeitverzögert und nicht, wie etwa bei Forschungsdaten, von Anfang an und kontinuierlich erfolgt.

9 Vgl. McCarthy, Douglas; Wallace, Andrea: Survey of GLAM open access policy and practice, 2018 to present. Online: <http://bit.ly/OpenGLAMsurvey>, Stand: 20.09.2022, sowie der jüngst erschienene Lotse: Böhme, Moritz; Brand, Joachim; Gräff, Andreas u.a.: Der Lotse. Digitale Ressourcen der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2022. Online: <https://doi.org/10.5281/zenodo.6509870>.

10 Die Herausforderungen z.B. von Prometheus (Online: <https://www.prometheus-bildarchiv.de/>, Stand: 20.09.2022) oder dem Bildarchiv Foto Marburg (Online: <https://www.uni-marburg.de/de/fotomarburg>, Stand: 20.09.2022) verdeutlichen, dass auch andere Disziplinen mit den bestehenden Zugangsbeschränkungen kämpfen.

11 Dieser Haltung steht die Praxis des Relevanz-Sammelns (z.B. mittels Counts) entgegen, die von sozialen Netzwerken (z.B. Freunde) bis zur wissenschaftlichen Publikation (Journal Impact Factor (JIF), CiteScore (Scopus), SCImago Journal & Country Rank, Impact per publication (IPP) etc.) die digitale Gesellschaft prägen (vgl. hierzu: Stalder, Felix: Kultur der Digitalität. Berlin 2017, S 151ff.).

12 Künstlerische Werke werden zumeist beschrieben, aber nicht zitiert. Sie sind weder in globale Verzeichnisse eingeschrieben noch referenzierbar. Es kann also auch nichts quantitativ gemessen oder ausgewertet werden.

13 Vgl. hierzu z.B. die sog. Vienna Declaration on Artistic Research (Online: <https://cultureactioneurope.org/news/vienna-declaration-on-artistic-research/>, Stand: 20.09.2022) sowie Bettel, Florian; Frank, Alexandra; Miljes, Wiebke: Sichtbarkeit, Sicherheit, Usability und Weiterverwendung Benutzer/innenorientierte FIS/CRIS-Entwicklung am Beispiel von „Portfolio/Showroom“, in: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 71 (1), 2018, S. 136–148. Online: <https://doi.org/10.31263/voebm.v71i1.1989>.

14 Vgl. hierzu: Brown, David J.: Information Needs and Habits of Unaffiliated Knowledge Workers, Masterarbeit, University College London, London 2016. Online: <https://discovery.ucl.ac.uk/id/eprint/1522608>, Stand: 20.09.2022.

15 Eine künstlerische Reflexion auch negativ konnotierter ‚Seilschaften‘ findet sich z.B. in Marina Belobrovajas Projekt „kunstwette.ch“ (2010, Online: <https://marinabelobrovaja.kleio.com/record/event/7>, Stand: 20.09.2022).

16 Zur Funktion des Brokers in der CoP vgl. Zboralski, Katja: Wissensmanagement durch Communities of Practice. Eine empirische Untersuchung von Wissensnetzwerken, Wiesbaden 2007, insbesondere S. 258. Online: <https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9530>.

17 Zu CoP-Handlungen für Spezialbibliotheken vgl. Kim, Jong-Ae: Integrating Communities of Practice into Library Services, in: Collaborative Librarianship 7 (2), 2015, S. 47–55, dort insbesondere der Massnahmenkatalog S. 52. Online: <https://digitalcommons.du.edu/collaborativelibrarianship/vol7/iss2/2/>, Stand: 20.09.2022.

18 Besonders reichhaltig wird das Gefüge durch jene Metadaten, die durch inhaltliche Aspekte wie verwendete Materialien, angewandte Techniken (Methoden), behandelte Themen, (historische) Werkbezüge etc. formalisierend erhoben werden. Mit Blick auf Datierungen etwa können Muda Mathis (1. Generation), Marion Ritzmann und Iris Ganz (je 2. Generation) erwähnt werden, die mit unterschiedlichen Funktionen (Künstlerin, Sammlerin, Dokumentaristin, Organisatorin) in den Beständen auftauchen. Sie waren vor ihrer Tätigkeit als Dozentinnen Studierende der HGK (bzw. der Vorgängereinrichtung). Derzeit studiert Lysann König (3. Generation) parallel zu ihrer Tätigkeit als kuratorische Leitung des Kaskadenkondensators Basel (kurz Kaskos) an der HGK, dessen videografischer Dokumentationsbestand sich derzeit im Übernahmeprozess durch die Mediathek befindet.

19 Längerfristig sind aufgrund des technischen Fortschritts non-textuelle Metadaten denkbar, welche z.B. Thumbnails, Sonagramme etc. nicht als Referenz anhängen, sondern direkt als Metadatum (Binärobjekt) nutzen.

20 Es mangelt nicht an großartigen Metadaten-Modellen (CIDOC, FRBR, LOM, CDWA) oder umfangreichen schemata (CERIF, Skosmos etc.). Einzig die Implementierung in der alltäglichen Praxis bzw. die Verständigung auf ein Modell (inkl. Crosswalks) fehlt.

21 Analog zum Nachweis der Publikationen von Forschenden in unterschiedlichen Fachzeitschriften steigt die Relevanz in den Künsten durch Mehrfachnennungen (Preise, Ausstellungs- und Festivalteilnahmen, Auftritte etc.). Dass mitunter auch ein und dasselbe Werk in unterschiedlichen Konvoluten nachgewiesen ist, wird hier insofern ausgeklammert, als dies zwar auch der kunstinternen Beurteilung zuträgt, aber ggf. nicht mehr notwendig mit der in dieser Fußnote benannten Zitation korreliert. Erneute oder Wiederaufführungen von Performances wären hingegen eigentlich zu Versionieren.

22 Tatsächlich sind die Künstlerinnen häufig mit mehreren Werken oder Beiträgen in einer Sammlung vertreten, was hier jedoch vernachlässigt wird.

23 Im vorliegenden Fall wäre weniger die Regelmäßigkeit der Kommunikation als vielmehr die Qualität des Austauschs (z.B. Bereitstellung von Daten) und die Stellung im jeweiligen Subsystem der Community (Expertentum, Kennerschaft, Vernetzung) ausschlaggebend.

24 Der Kunsthistoriker und Künstler Réne Pulfer hat in den 1980er Jahren die Videoklasse der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW (HGK) aufgebaut, ein Dreh- und Angelpunkt der Schweizer Medienkunst (inkl. Professionalisierung). Neben der nur hausintern zugänglichen Videokunstsammlung (IKU-Vid) war er 1984, 1986 und 1988 maßgeblich für die Realisierung der internationalen „Videowochen im Wenkenpark“ verantwortlich, deren Bänder 2016/2017, gefördert von Memoriav, unter Mitarbeit von Reinhard Manz an die Mediathek gelangten. Vgl. hierzu z.B. auch online: <https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=9586812>, Stand: 20.09.2022.

25 Die Künstlerin, Musikerin und langjährige Dozentin Muda Mathis ist eine der prägenden Figuren u.a. der schweizerischen Performancekunst. Mit dem Bestand „Performance Chronik Basel 1987-2006“ (PCB) hat sie eines der ersten öffentlich zugänglichen Konvolute der Mediathek bereitgestellt. Als Person, die großzügig ihr Wissen teilt und Menschen vernetzt, steht sie quasi hinter allen Performanceprojekten (vgl. Fußnote 29).

26 Der Filmemacher, Dokumentarist und Dozent Reinhard Manz begann seine filmische Laufbahn an der Schule für Gestaltung (Vorgängerinstitution der HGK in diesem Punkt). Neben der Digitalisierung von „Wenkenpark“ war er für die Bereitstellung der Lehroutputs der ehemaligen Grafikklasse (Sammlung „Film + Design 1968-1998“) verantwortlich. Hinzu kommt das 2022 begonnene Förderprojekt „Videonetzwerke der 1980er und 1990er Jahre“. Vgl. hierzu z.B. auch online: <https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4005855>, Stand: 20.09.2022.

27 Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung forciert, weil digitale Quellen und Kommunikationsformate sowohl neu bewertet als auch gefühlt zugänglicher wurden. Die Entwicklung zum Digitalen in den Künsten schließt hier teilweise ältere Strömungen innerhalb der medialen Künste an.

28 Auf die Kooperation mit Pascale Grau gehen die Teilbestände „Kasko I“ (derzeit geschlossen), „Archive des Ephemeren“ (2017-2019), „6x2 Performance-Duos“ (2020) sowie Einzelbeiträge in PCB und der Künstler*innen-Sammlung zurück.

29 Albena Mihaylova hat einen Großteil ihres Videoschaffens mit umfangreichen Kontextinformationen zur freien Publikation via Internet bereitgestellt (Online: <https://mediathek.hgk.fhnw.ch/l/AlbenaMihaylova>, Stand: 20.09.2022).

30 Neben dem aktuellen Kasko-Bestand war Chris Regn Drahtzieherin hinter allen Community-Projekten: „Summe 2017“, „Summe 2021“ (in Übernahme), „Feministisches Improvisatorium“ (2018), aktuell, gemeinsam mit Andrea Saemann, „Bang Bang“ (2022) sowie diversen Online-Events und Video-/Kunst-Streamings.

31 Andrea Saemann war federführend für die Zusammenarbeit zu „Must or Not“ (2020), „Doce En Diciembre“ (2021) die Rechteabklärung bei „Bang Bang“, weitere Teilbestände in Diskussion.

32 Die Abbildung sowie eine weitere Grafik, die erläutert, wie der Urheberrechtsstatus eines Werkes geklärt werden kann, sind publiziert in: Sykora, Sandra: Entscheidungsmatrix zur Nutzung von Bildmaterialien. Eine juristische Momentaufnahme, Basel 2022. Online: <https://www.doi.org/10.26254/med/6341>.

33 Aufgrund von Kompetenzen und Ressourcen sowie fehlender Anwendungsfälle beschränkt sich die Empfehlung bisher auf Creative-Commons-Lizenzen.

34 Hinzu kämen Erinnerungen, Eindrücke, Beschreibungen etc. In den Beständen der Mediathek finden sich lediglich digital(isiert)e Dokumente, vor allem videografische Dokumentationen.

35 Die Dokumentierenden bleiben zu deren Leidwesen oft ungenannt. Da Festivals eine besondere Rolle in der Performancekunst spielen, kommen Interessen der Veranstaltenden meist hinzu.

36 Freie Lizenzen sind auch deshalb so wichtig, weil jüngere Ankaufsmodelle vermehrt den Bereich der Performancekunst kommerzialisieren und so neue Zugangsmonopole (insbesondere für die Museen) entstehen (vgl. Performing Documentation in the Conservation of Contemporary Art, Revista de História da Arte Nr. 04, 2015. Online: <https://institutodehistoriadaarte.com/revista-de-historia-da-arte-n-o-4-2007/>, Stand: 20.09.2022).

37 Neben wiederaufgeführten Performances (sog. Reenactments), zu denen die Künstler*innen bspw. kein dokumentarisches Material hatten, finden sich häufig verwendete performative Gesten, die für die Zukunft überliefert werden sollen. Die Quellen verdichten sowohl die Geschichte der Performancekunst als auch die eigenen Bestände. Bis zur Satzlegung wurden nicht zu allen Performances entsprechende Bilder bereitgestellt.

38 Im Rahmen von „Must or Not“ fand zudem ein Hackathon statt, bei dem Wikipedia-Einträge vorbereitet bzw. deren Eingabe erprobt wurden.

39 Der Service umfasst die Bereitstellung des virtuellen Raums via Zoom, die Betreuung (Regie, Support) der Künstlerinnen und Künstler, das Streaming via Vimeo, die Dokumentation und Publikation via Mediathekskatalog (Online: <https://mediathek.hgk.fhnw.ch/amp/search>, Stand: 20.09.2022) sowie dem Bibliothekskatalog (Swisscovery, in Arbeit). Die Mediathek erhält die Quellen kostenneutral.

40 Relevanz entsteht hier, wie auch andernorts im Digitalen, durch Verknüpfung.

41 Während der Ausstellung sind die Recherchestationen öffentlich einsehbar. Anschaulich wird die Vielfalt im Interface der sog. „Digitalen See“, von dem aus auch alle übrigen Zugänge aufgesucht werden können (Online: <https://mediathek.hgk.fhnw.ch/bangbang/digitale-see/>, Stand: 20.09.2022). Zur Erläuterung der unterschiedlichen Zugangsformen vgl. das Saalposter (Online: <http://dx.doi.org/10.26041/fhnw-4198>).

42 Die Vereinigung setzt die mit PCB (vgl. Fußnote 25) begonnen Forschungstätigkeiten fort, wobei der Kreis der Aktiven erweitert wurde.

43 Auch wenn die (Meta-)Datenqualität variiert und mit den Maßstäben eines Community-Projektes zu bemessen ist, da mehrere historische wie digitale Generationen umspannt sind, ist ein unerwartet reichhaltiger Querschnitt entstanden.

44 In der Schweiz sind die Kunsthochschulen, außer der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), den jeweiligen lokalen Fachhochschulen als Departements eingegliedert. I.d.R. besteht so ein Zugang zu deren Publikationsservern und/oder Repositorien, auch wenn die Policies mitunter sehr restriktiv und wenig kunstkonform sind. ZHdK und HGK verfügen aufgrund der Wesenhaftigkeit der Publikationsserver über weitere Kunst- und Archivinfrastrukturen (Medienarchiv der Künste, Integrierter Katalog).

45 Vgl. hierzu die Wissensbilanzen der österreichischen Universitäten.

46 Nicole Döll hat z.B. damit begonnen, Open Access Publikationen mittels Zotero zu picken und über den Katalog der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig zugänglich zu machen (Online: <https://katalog.gfzk.de/Search/Results?lookfor=volltext&type=Signatur>, Stand: 20.09.2022).

47 Synergie-Effekte sowie sich wechselseitig stabilisierende Kräfte der jeweiligen Community entfallen. Der Erklärungsaufwand bzw. der Rechtfertigungsdruck (in house) steigen.

48 Auch wenn Resource Description and Access (RDA) und die in Bibliothekssystemen eingebundenen Normdaten eine hochwertige Erschließung künstlerischer Werkformen ermöglichen könnte, zeigt z.B. ein Blick auf die Kataloge der Österreichischen Bibliothekenverbund und Service GmbH (OBVSG), der Swiss Library Service Platform (SLSP) sowie des FIDs Darstellende Künste, dass insbesondere (künstlerische) Werke und Sammlungsobjekte in Dublin Core (statt MARC21) erfasst werden. Bei SLSP hat dies u.a. den Verlust bzw. Verzicht auf Normdaten zur Folge.

49 Auch wenn die Vernetzung und der Aufbau für (Rück)Zitationen noch nicht implementiert sind, wirkt es realistisch, dass der Nachweis von Werken in wissenschaftlichen (vertrauenswürden) Repositorien längerfristig äquivalent zu den bestehenden Kompetenzausweisen (Preise/Stipendien, Ausstellungsnachweise, Teilnahme an Messen/Festivals etc.) bewertet werden wird.

50 Vgl. hierzu die Zusammenfassung (insbesondere Argumentation) von: Stäcker, Thomas. Die Sammlung ist tot, es lebe die Sammlung! Die digitale Sammlung als Paradigma moderner Bibliotheksarbeit, in: Bibliothek Forschung und Praxis 43 (2), 2019, S. 304–310. Online: <https://doi.org/10.1515/bfp-2019-2066>.

51 Die fachliche Kommunikation findet vor allem über die Arbeitsgemeinschaft für Kunst- und Museumsbibliotheken (AKMB) statt. Bei Kooperations- und Infrastrukturprojekten werden Kunsthochschulen jedoch meist auf die geisteswissenschaftlich organisierten FIDs (z.B. Darstellende Künste) oder NFDIs (4culture, 4objects etc.) verwiesen. In der Fachsystematik der DFG von 2021 fehlen die Künste (vgl. Online: <https://www.dfg.de/dfg_profil/gremien/fachkollegien/faecher/index.jsp>).

52 Lurk, Tabea. Datenmanagement an Kunsthochschulen. Anforderungen zwischen Forschung, Vermittlung und Archiv, Masterarbeit, Technische Hochschule Köln, Köln 2022, Kapitel 4. Online: <https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:79pbc-opus-18709>.

53 Die GoFAIR-Website präsentiert die Rahmenbedingungen zur FAIRness online <https://www.go-fair.org/fair-principles/>, Stand: 20.09.2022.

54 Bisher wirkt die Anzahl der auffindbaren OAI-PMH-Schnittstellen sowie die Nachweise von Kunsthochschulrepositorien etc. in re3data und OpenDOAR überschaubar, vgl. Lurk, Tabea: Künstlerische Forschung und Open Access? Übersicht zu Publikationsoptionen und praktischen Herausforderungen, in: Bibliothek Forschung und Praxis 45 (3), 2021, S. 517–526. Online: <https://doi.org/10.1515/bfp-2021-0038>.

55 Vgl. hierzu aus dem Bereich der Kunstdokumentation die Verzeichnung von Ausstellungsdaten und die Vernetzung mit Kunstinstitutionen, wie sie z.B. von European-art.net (EAN, <https://european-art.net/>, Stand: 20.09.2022), oder mit Blick auf die Medienkunst und ihre Festivals bspw. das International Symposium on Electronic Art Barcelona (ISEA, <https://isea-archives.siggraph.org/>, Stand: 20.09.2022) seit vielen Jahren praktiziert werden. Im musealen Umfeld hat sich ferner der besondere Stellenwert von Material und Technik bspw. in die Metadatensets der Sammlungsmanagementsysteme eingeschrieben.