Informationsressourcen : ein Handbuch für Bibliothekare und Informationsspezialisten / Klaus Gantert, Margrit Lauber-Reymann. – 3., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. – Berlin, Boston : De Gruyter Saur, 2023. – (Bibliotheks- und Informationspraxis ; Band 72). – XIV, 718 Seiten : Illustrationen. – ISBN 978-3-11-067321-0 : EUR 84.95 (auch als E-Book im Open Access verfügbar unter https://doi.org/10.1515/9783110673272)

Wie dynamisch die Entwicklung im Bereich der Informationsressourcen ist, zeigt diese dritte Auflage des mit jeder Berechtigung zum Kanon der Standardwerke in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft zählenden Bandes „Informationsressourcen. Ein Handbuch für Bibliothekare und Informationsspezialisten“. Zunächst zu den Autor*innen: Während Margrit Lauber-Reymann die erste Auflage (2010) und auch die zweite Auflage (2017) noch alleine verfasst hatte, wurde die nun vorliegende dritte, umfassend überarbeitete, erweiterte und aktualisierte Auflage von Klaus Gantert und Margrit Lauber-Reymann gemeinsam erarbeitet. Beide Autor*innen sind als Expert*innen im Bereich der Informationsressourcen und ihrer Vermittlung in der Fachcommunity durch zahlreiche Veröffentlichungen weithin bekannt und geschätzt. Zudem eint beide der enge Bezug zwischen Wissenschaft und Praxis: Als Diplom-Bibliothekarin und Hochschuldozentin am Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern hat Lauber-Reymann dieses Wissen an viele Studierendengenerationen weitergegeben. Auch Gantert hat nach einer längeren Tätigkeit an der Staatsbibliothek zu Berlin den Weg in die Hochschule gewählt und ist heute Professor für Bibliothekswissenschaft mit Schwerpunkt Informationssysteme an der Hochschule Hannover.

Das Handbuch folgt der Zielsetzung, die seit der Neuauflage 2017 zu verzeichnenden „vielfältigen quantitativen und qualitativen Weiterentwicklungen der Informationsressourcen“, vor allem „im Bereich der Angebote, der Infrastrukturen, der technischen Möglichkeiten und der Finanzierung der Zugänge“ (S. V) zu dokumentieren und in die Darstellung einzubinden. Eine wichtige Zielgruppe des Werkes sind die Mitarbeiter*innen in Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen, es ist aber auch für den Einsatz im Rahmen der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Studiengänge konzipiert sowie für die Nutzung im Kontext der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das Handbuch ist „als praxisnahe Einführung“ für die einschlägigen Berufe gedacht und soll insbesondere „Ressourcenkompetenz, das Wissen also, welche relevanten Typen und Einzelressourcen von besonderer Bedeutung sind,“ vermitteln (S. 6).

Gemäß dieser Zielsetzung ist es in vier Teile untergliedert: Der erste Teil „Informationsressourcen in Bibliotheken“ dient der Klärung der begrifflichen Grundlagen der Thematik, gibt einen Überblick über die verschiedenen Publikationsformen von Informationsressourcen, führt in die Grundprinzipien der Recherche ein und schließt mit einem Kapitel über den Export und die Verwaltung der in der Recherche ermittelten bibliografischen Daten sowie über den Dokumentenzugang. Im zweiten Teil stellen die Autor*innen unter dem Titel „Typisierung von Ressourcen“ die Besonderheiten und Merkmale der verschiedenen Typen von für die bibliothekarische Arbeit relevanten Informationsressourcen vor. Der dritte und vierte Teil enthalten die strukturierte Beschreibung einzelner Informationsressourcen, wobei zunächst auf die allgemeinen und fachübergreifenden Ressourcen eingegangen wird (Teil 3) und im Anschluss die „Ressourcen für die Fachinformation“ (Teil 4) vorgestellt werden. Bei der Auswahl der Ressourcen haben sich die Autor*innen an dem Bedarf einer großen wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek orientiert, aber auch Aspekte wie „die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Anbieters sowie die Beständigkeit des Angebots“ (S. VIII) berücksichtigt.

Die Darstellung der allgemeinen und fachübergreifenden Ressourcen in Teil 3 orientiert sich grob an der Kapitelstruktur des zweiten Teils und folgt stets demselben Schema. Sie gliedert sich in die Aspekte Titel, Urheber, Typ, Inhalt, Beschreibung und Beziehungen und wird durch zahlreiche Screenshots illustriert.

Der vierte Teil ist demgegenüber anders aufgebaut: Hier werden in drei Kapiteln zunächst die Fachinformationsdienste für die Wissenschaft (FID) sowie deren historische Vorläufer und Angebote (z.B. die thematischen Ausschnitte der Online Contents) vorgestellt, wobei auch die aus dem früheren IuD-Programm stammenden Informationseinrichtungen Berücksichtigung finden: das FIZ Karlsruhe, das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das DIPF-Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation sowie das GESIS-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Im Anschluss werden ausgewählte Informationsressourcen einzelner Fächer präsentiert. Dabei orientiert sich die fachliche Gliederung mit wenigen Ausnahmen an der Reihenfolge der Fächer in den ersten Klassen der Dewey-Dezimalklassifikation (DDC). Das dritte Kapitel des vierten Teils behandelt die regionalen Fachinformationsdienste und die Regionenportale. Die Darstellung der einzelnen Ressourcen folgt im vierten Teil nicht dem Schema aus Teil 3 (Titel, Urheber, Typ, Inhalt, Beschreibung und Beziehungen), sondern bringt kompakte Überblicksartikel mit den wichtigsten Rahmendaten und -fakten, zum Teil ergänzt durch Abbildungen. Das Handbuch schließt mit einem – noch dem vierten Teil zugeordneten, inhaltlich jedoch darüberhinausgehenden – Ausblick auf Herausforderungen und Perspektiven mit Bezug auf die Entwicklung von Informationsressourcen im Kontext der digitalen Transformation. Beispiele dafür sind die weitere Verbesserung der Vernetzung der Ressourcen, der Usability, der Personalisierungsoptionen, aber auch die zielgruppenspezifische Kontextualisierung, Bereitstellung und Vermittlung.

Das Werk enthält ein kompaktes Literaturverzeichnis und ist durch ein umfangreiches, alphabetisch geordnetes Register der Sachbegriffe, Körperschaften und Personennamen und ein davon getrenntes Ressourcenverzeichnis erschlossen. Ein Abbildungsverzeichnis im eigentlichen Sinne fehlt (die „Abbildungsnachweise“ liefern nur die Quellenangaben für einige übernommene Abbildungen). Die zahlreichen Screenshots der behandelten digitalen Informationsmittel werden lediglich über die Bildunterschriften identifiziert.

Gegenüber den Vorauflagen ist das Handbuch mit über 700 Seiten – die erste Auflage war rund 200 Seiten kürzer – nicht nur quantitativ gewachsen. Sein Fokus ist, analog zu den aktuellen Angeboten und infrastrukturellen sowie technischen Entwicklungen im Bereich der Informationsressourcen, deutlich breiter geworden. Er umfasst u.a. die seit der letzten Auflage hinzugekommenen Angebote der Fachinformationsdienste für die Wissenschaft (FID), neue Angebote im Bereich der Forschungsdaten, der Open-Access-Publikationen und der Open Educational Resources. Behandelt werden neben den klassischen Online-Katalogen nun auch Next Generation Library Systems und cloudbasierte Bibliothekssysteme. Auch die Entwicklungen im Bereich der wissenschaftlichen sozialen Netzwerke werden aufgegriffen, ebenso neue Formate des wissenschaftlichen Publizierens wie Blogbeiträge, Tweets und Posts. Andere Ressourcen, die seit der letzten Auflage an Bedeutung verloren haben, werden dagegen in der Neuauflage nicht mehr berücksichtigt oder sind nur noch in der historischen Rückschau erwähnt. Hierzu zählen unter anderem die Virtuellen Allgemeinbibliotheken und Internetverzeichnisse. Auch gedruckte Informationsressourcen spielen in der aktuellen Auflage kaum noch eine Rolle.

Generell ist der Terminus Virtuelle Bibliothek, der aus der Entstehungszeit der ersten bibliothekarischen Linksammlungen und der – an die ehemaligen Sondersammelgebiete angedockten – Virtuellen Fachbibliotheken stammt, gegenüber den Bezeichnungen Digitale Bibliothek und (Fach-)Portal in den Hintergrund getreten. Der Themenbereich Open Access ist in der aktuellen Auflage insgesamt prominenter platziert und bildet gemeinsam mit den Themen Forschungsdaten und Open Educational Resources ein eigenes Kapitel. Ebenso werden Informationsressourcen zu einzelnen Medienformen (Bilder, Filme, Zeitungen) in der Neuauflage in einem eigenen Kapitel in gebündelter Form präsentiert. Das ehemalige System der Sondersammelgebiete und dessen Funktionsaufgaben werden in der vorliegenden Auflage nur noch knapp und rein historisch betrachtet. Hinzugekommen sind demgegenüber im Bereich der Ressourcen für die Fachinformation die Altertumswissenschaften mit ihrem seit 2016 von der Universitätsbibliothek Heidelberg und der Bayerischen Staatsbibliothek betriebenen Fachinformationsdienst Propylaeum sowie im Bereich der regionalen Fachinformationsdienste und Regionenportale der seit 2019 betriebene Fachinformationsdienst Zentralasien der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Anders als die Vorauflagen bietet das aktualisierte Handbuch auch ein mit „Perspektiven“ betiteltes Schlusskapitel, das die Folgen und vor allem die aktuellen Herausforderungen der Digitalisierung für die Entwicklung und Bereitstellung von Informationsressourcen aufzeigt.

Dass dieses Handbuch trotz der hohen Dynamik seines Gegenstandsbereiches erneut in der Form einer klassischen, abgeschlossenen Monografie – und nicht etwa in Form einer dynamischen Webpräsentation – erscheint, wird zu Recht besonders begründet: Angesichts des Pflegeaufwands für ein solches fluides Medium wurde der Weg der klassischen Publikation gewählt, trotz der damit verbundenen Nachteile wie vor allem des raschen Veraltens von Zahlen und Fakten. Als Einführung für Studierende und als Handbuch für Berufspraktiker*innen erscheint den Autor*innen die Form der Monografie dennoch als geeigneter – eine Auffassung, der die Rezensentin vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrung als Lehrende uneingeschränkt zustimmt.

Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den beiden Vorauflagen, die ja ebenfalls mit einer digitalen Parallelpublikation erschienen waren, ist, dass die aktuelle Auflage zeitgleich zur Veröffentlichung als gedrucktes Buch auch für die Nutzenden unentgeltlich als Open-Access-Publikation unter einer CC-BY-Lizenz verfügbar ist. Die nicht unerheblichen Publication Charges hierfür hat die Hochschule Hannover finanziert.

Das Handbuch gibt einen umfassenden, präzisen und praxisbezogenen Überblick über die aktuelle Landschaft der Informationsressourcen. Es strukturiert das nahezu unüberschaubare und enorm dynamische Themenfeld für die Leser*innen in einer systematischen und gut nachvollziehbaren Weise. Zudem ist es sehr gut geschrieben und durch die Vielzahl der Abbildungen – zumeist zu den behandelten Informationsressourcen – überaus anschaulich gestaltet. Das Handbuch wird seiner Zielsetzung, als Einführung und Orientierungshilfe zugleich für die bibliothekarische Praxis, die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie für Studierende der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Studiengänge zu dienen, in beeindruckendem Maße gerecht. Während sich die ersten beiden Teile hervorragend als einführendes Lehrwerk zum Thema Informationsressourcen eignen, lassen sich die Inhalte des dritten und vierten Teils auch gewinnbringend punktuell im Sinne eines Nachschlagewerkes nutzen. Für alle, die ein Fachreferat in einem Bereich übernehmen, den sie nicht selbst studiert haben, ist die detaillierte Darstellung der fachlichen Ressourcen im vierten Teil ein sehr komfortabler und zugleich zuverlässiger Weg, um sich auf den aktuellen Stand der in diesem Fach relevanten Informationsressourcen zu bringen.

Die wenigen aus Sicht der Rezensentin bestehenden Kritikpunkte sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben: Hierzu gehört der weitgehende – und sicher bewusst gewählte – Verzicht auf eine kritische Stellungnahme zu den dargestellten Sachverhalten. Während funktionale und operative Probleme bei der Recherche oder im Bereich der Standardisierung und Vernetzung von Metadaten und Ressourcen angesprochen und erläutert werden, fehlt eine im eigentlichen Sinne informationsethische Betrachtungsebene. Im Kontext von Open Access wäre beispielsweise auf das erhebliche Problem des Predatory Publishing hinzuweisen gewesen; auch im Rahmen des Catalog Enrichments ließen sich ethische Fragestellungen am Beispiel des Kauf-Buttons zumindest ansprechen. Schattenbibliotheken werden lediglich begrifflich erwähnt, ohne jedoch die Besonderheiten und die Genese dieses speziellen Typs von Informationsmitteln mit Blick auf die Preispolitik der Verlage zu thematisieren. Hier würde sich die Rezensentin, nicht nur mit Blick auf das vorliegende Werk, mehr ethische Sensibilität im Fachdiskurs wünschen. Abschließend bleibt noch anzumerken, dass nicht konsequent gegendert wurde. So ist sowohl im Titel des Buches als auch an verschiedenen Textstellen (vgl. S. 11, S. 179, S. 205) nur von „Bibliothekaren“ bzw. „Informationsspezialisten“ die Rede, während an anderen Stellen beide Formen genannt werden. Das erscheint trotz der pragmatischen Gründe, die im Vorwort hierfür angeführt werden (vgl. S. VIII), nicht mehr zeitgemäß.

Insgesamt gibt das Werk einen beeindruckend kenntnisreichen, detaillierten und trotz seines Umfangs zugleich kompakten Überblick über die Vielzahl der für wissenschaftliche Bibliotheken relevanten Informationsressourcen und deren Nutzungsmöglichkeiten und geht dabei auch auf die damit verbundenen Herausforderungen und Entwicklungspotentiale ein. Das Handbuch ist in der aktuellen Neuauflage sowohl für Berufspraktiker*innen als auch für Studierende der Bibliotheks- und Informationswissenschaft eine lohnende und gewinnbringende Lektüre, die dank der Open-Access-Verfügbarkeit des Bandes ohne jede Einschränkung möglich ist.

Inka Tappenbeck, Technische Hochschule Köln, Institut für Informationswissenschaft, https://orcid.org/0000-0001-9137-2181

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5987

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