Die Budapest Open Access Initiative (BOAI) und die zwei Jahre darauf folgende Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities (BDOA) definieren Open Access (OA) als frei zugreifbare qualitativ geprüfte wissenschaftliche Publikationen, die herunterladbar, bearbeitbar und frei verbreitet werden dürfen.1 OA soll damit dem weltweiten, schnelleren und besseren wissenschaftlichen Austausch dienen.
Um diesen, in den Initiativen und Bekenntnissen inhärenten Verpflichtungen gerecht zu werden, sind in den zurückliegenden zwanzig Jahren verschiedene Publikationsangebote aufgebaut worden, die sowohl von kommerziellen Verlagen als auch insbesondere von nicht-kommerziellen Institutionen wie wissenschaftlichen Bibliotheken ausgehen. Diese sehen sich im Rahmen ihrer Aufgabe der Informationsversorgung für die Wissenschaften dazu verpflichtet, den teuren Subskriptionsgebühren für wissenschaftliche Zeitschriften mit alternativen Publikationsangeboten zu begegnen.2
Als eines der ersten OA-Publikationsportale, die unter dem Zeichen der Berliner Erklärung entstanden sind, ist German Medical Science (GMS) zu nennen, das bereits im Juli 2003 online gegangen ist.3 An diesem Beispiel soll kurz die Entwicklung des wissenschaftsgeleiteten Publizierens (Scholar-led Publishing) und seine Bedeutung für die Forschung erläutert werden.
Zur Einordnung des Engagements von ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften in den Bereichen „wissenschaftsgeleitetes Publizieren“ (Scholar-led Publishing) und „Diamond Open Access“ werden zunächst diese Begriffe definiert:4 „Der Begriff Scholar-led Publishing bezieht sich auf ein Publikationsmodell, bei dem Wissenschaftler*innen sich organisieren und zusammenschließen, um ihre Forschungsergebnisse selbstbestimmt zu veröffentlichen. Scholar-led Publishers sind also von Wissenschaftler*innen geführte Verlage.“5 In Erweiterung dieser engen Definition werden in diesem Artikel hierunter auch Publikationsdienste wie German Medical Science (GMS) verstanden: Die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) als Dachgesellschaft dieser Fachgesellschaften und deren Mitglieder sind Träger von GMS und bieten in Kooperation mit den Infrastruktureinrichtungen ZB MED und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Publikationsdienstleistungen an. GMS ist also „scholarly-owned“ und wird über die Vertreter der AWMF im Steuerkreis und dem Scientific Committee von GMS auch von Wissenschaftler*innen gelenkt.6 Scholar-led Publisher unterstützten im Allgemeinen OA. Während im Gold-OA oftmals Article Processing Charges (APCs) oder Book Processing Charges (BPCs), also Gebühren für die Publikation erhoben werden, werden im Diamond-OA-Modell von den Autor*innen keine APCs bzw. BPCs verlangt. Die Kosten für die Veröffentlichungen von diamantenen OA-Zeitschriften werden von den beteiligten Institutionen, wie Fachgesellschaften, Forschungseinrichtungen, Universitäten oder Bibliothekskonsortien getragen.7 Diese nicht an Gewinn orientierten Verlage bzw. Publikationsdienstleister sind eng mit den Forschenden der eigenen Einrichtungen verbunden und beschäftigen sich intensiv mit deren Bedarfen. Ihr Ziel ist es vorrangig, die Forschungen ihrer Institutionen sichtbar zu machen und die Daten ihrer Nutzenden zu schützen – im Unterschied zu kommerziellen Verlagen, denen teilweise vorgeworfen wird, zu kommerziellen Zwecken Daten-Tracking zu betreiben.8
Doch was tun, wenn Forschende die Publikationsservices ihrer Bibliothek nicht nutzen, weil deren Publikationen z. B. den angestrebten Journal Impact Factor (JIF) nicht vorweisen können? Eine Möglichkeit dem entgegenzutreten, ist die Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften (vgl. GMS). Durch den Kontakt zu den Wissenschaftler*innen und einem flankierenden Beratungsservice, der die Forschenden sowohl neutral von den Vorteilen von OA überzeugen kann als auch wichtige Hilfestellung bei der Wahl der Publikationsorgane gibt,9 kann man die Forschenden oftmals für eine Publikation im OA und auf den scholar-led geführten Plattformen gewinnen.
Als eine von drei Zentralen Fachbibliotheken in Deutschland umfasst das Aufgabenspektrum von ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften die Informationsversorgung für alle Forschenden, Praktizierenden und Studierenden im Bereich der Lebenswissenschaften, d. h. den Fachgebieten Medizin, Gesundheitswesen, Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften sowie deren Grundlagenwissenschaften und Randgebiete.10 Dafür hat ZB MED unterschiedliche Services aufgebaut: die klassische Informationsversorgung wie Erwerbung, Dokumentenlieferung und Katalogisierung sowie für die Auffindbarkeit das Discovery System LIVIVO11. Zur Unterstützung der Erwerbung und Zugänglichmachung wissenschaftlicher Informationen hat es zudem als eine der ersten wissenschaftlichen Bibliotheken neben den Digitalisierungsservices spezifische OA-Dienstleistungen aufgebaut: Dazu gehören das Fachrepositorium Lebenswissenschaften sowie GMS und PUBLISSO mit der Möglichkeit, Zeitschriften, Kongresse, Serien und Living Handbooks als Erstveröffentlichungen zu publizieren. Begleitet wird dieses Angebot durch eine umfangreiche Publikationsberatung, die bei ZB MED mit detaillierten FAQs, Workshop-Angeboten und Vorträgen auf Konferenzen etc. erfüllt wird.12 Zur bestmöglichen Forschungsunterstützung13 gehören des Weiteren Services rund um das Forschungsdatenmanagement. Mit Blick auf die Nachnutzbarkeit der Informationen werden die Veröffentlichungen langzeitarchiviert. Diese Services werden bei ZB MED durch eigenständige Forschungsprojekte (z. B. die Erschließung von Preprint-Servern14) unterstützt. So kann die Sichtbarkeit der dort publizierten Forschungsergebnisse erhöht bzw. die Desinformation in den Lebenswissenschaften bekämpft werden.15 Die Bindung an die Community, z. B. durch Herausgebenden-Treffen, bleibt dabei von gleichbleibend hoher Wichtigkeit.16
German Medical Science ist ein Pionier des OA-Publizierens. 2003 erkannte ZB MED als Zentrale Fachbibliothek die Notwendigkeit, Chance und Herausforderung, Informationsversorgung nicht nur auf der Basis von Print-Produkten zu verstehen, sondern Informationen auch elektronisch und möglichst OA bereit zu stellen. Somit hat ZB MED mit Aufbau des Publikationsdienstes GMS eine Doppelrolle inne: Zum einen bleibt ZB MED mit seinem Programmbereich „Bibliothek“ weiterhin Informationsversorger, in dem Literatur und Medien gekauft bzw. lizenziert werden, zum anderen ermöglicht es den Forschenden der lebenswissenschaftlichen Disziplinen ihre Forschungserkenntnisse direkt OA zu publizieren.
Der Aufbau einer Publikationsplattform bedeutet allerdings die Notwendigkeit einer Umschichtung von Ressourcen, da die notwendigen Infrastrukturen des OA-Publizierens sowohl technische als auch personelle Ressourcen erfordern.17 Bis die vollständige Umstellung zu OA gelungen ist, also nur noch OA publiziert wird, laufen die klassischen Zeitschriften-Subskriptionen weiter. So muss in der Zeit der Transformation vom Subskriptions- zum OA-Modell teilweise noch doppelt bzw. parallel finanziert werden. Im Falle von GMS brachte die AWMF18 2002 Eigenkapital ein und beauftragte das damalige Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), seit 2020 eingegliedert in das BfArM,19 sowie ZB MED mit der technischen Entwicklung und Übernahme von Aufgaben im Publikationsprozess. Zudem wurde der Aufbau von GMS durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie der weitere Ausbau durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Somit wurde GMS von Anfang an als ein Diamond-OA-Geschäftsmodell20 konzipiert: Die Kosten für den Aufbau der Infrastruktur werden durch Drittmittel eingeworben, ZB MED und BfArM stellen das Personal und die Technik für den laufenden Publikationsbetrieb. Die Fachgesellschaften, die hinter den jeweiligen Veröffentlichungen stehen, leisten über Publikationsgebühren einen Beitrag zur Deckung der Kosten und tragen den wissenschaftlichen Qualitätssicherungsprozess.21
Durch die enge Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften ist GMS als wissenschaftsgeleiteter Publikationsdienst anzusehen. Seit 2003 werden in dieser Kooperation inzwischen 15 laufende Zeitschriften und jährlich mehr als 30 Kongresspublikationen mit insgesamt über 100.000 Abstracts publiziert.22 2014 kam die Publikationsart der Living Handbooks hinzu.23 Dass das Angebot akzeptiert wird, lässt sich u. a. damit erklären, dass OA im Bereich der Medizin grundsätzlich schnell als ein neuer Publikationsweg angenommen wurde: Gründe dafür sind die Vorteile einer Online-Publikation mit Quellenverlinkungen sowie die oftmals schnellere Veröffentlichung, die gerade bei Forschungsergebnissen in der Medizin eine Rolle spielt. Laut unterschiedlicher Studien sind viele der in den 2010er-Jahren neu gegründeten OA-Zeitschriften mit Schwerpunkten auf den Lebenswissenschaften mittlerweile etabliert.24
Im Bereich der Medizin ist es zudem allerdings nach wie vor immens wichtig, dass Publikationen in Peer-Review-Zeitschriften mit einem (hohen) JIF erscheinen, um für die Leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM-Verfahren) zu zählen.25 Für Scholar-led Publisher bedeuten die Anforderungen der Autor*innen nach einem JIF und die eigene kritische Haltung dem JIF gegenüber, einen Spagat auszuhalten: Drei der GMS-Zeitschriften haben seit 2023 einen JIF, weitere sind in Scopus, Medline sowie einschlägigen Datenbanken wie dem Directory of Open Access Journals (DOAJ) gelistet. Andererseits unterstützt ZB MED die Kritik – auch der Fachgesellschaften26 – an der Beurteilung der Leistung anhand des JIF, indem es Alternative Metriken in das Publikationssystem implementiert hat.27
Um den Publikationsservice GMS auch im weiteren fachlichen Umfeld der Medizin zu entwickeln, auszubauen und weiterhin attraktiv zu halten, wurde von ZB MED mit PUBLISSO-Publishing der Publikationsservice für die Lebenswissenschaften insgesamt neu aufgebaut.
Im Jahr 2015 wurde das Publikationsangebot, das bis dato über das GMS-Publikationsportal nur für medizinische Publikationen zur Verfügung stand, auch für lebenswissenschaftliche Forschung und weitere Publikationsformate im Rahmen von PUBLISSO-Publishing geöffnet. Dort können seitdem auch die sogenannten Living Handbooks – wissenschaftliche Handbücher – sukzessive kapitelweise, jeweils mit einem eigenen Persistenten Identifier (DOI), veröffentlicht werden. Auch ist es möglich, die zugehörigen Forschungsdaten im ZB MED-eigenem PUBLISSO – Fachrepositorium Lebenswissenschaften (FRL) zu veröffentlichen und diese mit der Textpublikation zu verlinken, sodass beide Publikationen aufeinander verweisen und damit zu einer größeren Sichtbarkeit beitragen.28
2019 wurden die Publikationstypen bei PUBLISSO-Publishing um „Serien“ erweitert. Mit „The MAK Collection for Occupational Health and Safety“ (MAK Collection) wird der Gedanke des Scholar-led Publishing bei PUBLISSO weitergeführt, in dem durch gemeinsame Planung und stete Absprachen die Plattform gemäß den spezifischen Wünschen der Herausgebenden weiterentwickelt wird. So wurden für das Projekt spezifische Formatvorlagen entwickelt, die unter Beachtung der gesetzlich verpflichtenden Barrierefreiheit neue Publikationswege von Word über XML in PDF und HTML ermöglichen, um sowohl Fehler bei der Formatumwandlung zu vermeiden als auch Maschinenlesbarkeit sowie Text- und Datamining zu ermöglichen.29 Diese Entwicklungen werden mit Fertigstellung als Open Source der ganzen Plattform mit allen Publikationsformen zur Verfügung stehen.30
Zeitgleich mit ZB MED haben auch andere wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland, insbesondere Hochschulbibliotheken, eigene Publikationsdienste aufgebaut.31 Deren Anzahl ist in den letzten 20 Jahren deutlich gewachsen und in vielen wissenschaftlichen Bibliotheken sind Publikationsdienste bereits zu einem festen Bestandteil des Angebots geworden. So verzeichnet die Liste der OA-Publikationsdienste der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation e. V. (DINI) zurzeit 540 Angebote.32 Auch international kann ein steigendes Wachstum beobachtet werden: Die 2010 gegründete Association of European University Presses (AEUP)33 besteht aus 49 Mitgliedern aus 18 Ländern und hat zum Ziel, durch das Netzwerk die jeweilige Arbeit der einzelnen Institutionen zu stärken.
Die „Coalition of Library Publishing“34 wurde 2014 gegründet und hat „[a] scholarly publishing landscape that is open, inclusive, and sustainable“ zum Ziel.35 Auch die 2019 entstandene Initiative der IFLA Special Interest Group Library Publishing zeigt, dass sich international wissenschaftliche Bibliotheken vermehrt in diesem Bereich engagieren: 36 Dies stellt auch die „Global Library Publishing Map“ dar, die einen guten Überblick über Bibliotheken mit Publikationsangeboten bietet.37
Dass das Modell des wissenschaftsgeleiteten Publizierens erfolgreich ist, zeigt sich auch in der Arbeitsgemeinschaft (AG) Universitätsverlage. Unter ihrem Dach haben sich seit 2004 aktuell 33 Verlage zusammengeschlossen.38 Wichtig ist den Mitgliedern der fachliche Austausch untereinander, aber zunehmend auch die politische Einflussnahme auf Forschungsförderer und die Fachcommunity bzw. deren fachliche Unterstützung. Meist sind es kleine Abteilungen einer wissenschaftlichen Bibliothek, die pro Verlag 20 bis 150 Bücher pro Jahr veröffentlichen. In den letzten Jahren ist dabei ein wachsender Anteil von OA-Veröffentlichungen zu verzeichnen, sodass die Mitglieder zusammen, Stand heute, über 10.000 Titel OA veröffentlicht haben.39 Um OA weiter zu unterstützen, wurden zudem im Jahr 2020 die Aufnahmekriterien der AG Universitätsverlage dahingehend verschärft.40
Parallel zu dieser Entwicklung wurde von der Praxis und für die Praxis bereits im Jahr 2004 ein Kriterienkatalog entwickelt, der es erlaubt, Publikationssysteme nach den aktuellen Standards zu zertifizieren und damit vertrauenswürdige, professionelle Dienste auszuzeichnen. Der Katalog wird alle drei Jahre von der AG Elektronisches Publizieren (E-Pub) der DINI aktualisiert.41 Besonderes Augenmerk wird dabei darauf gelegt, dass OA-Publikationen auf den Plattformen besonders sichtbar gemacht werden und somit leicht auffindbar sind.42
Als wichtiger Erfolgsfaktor der 20-jährigen Arbeit der einzelnen Publikationsdienstleistungen wird ihre Nähe zu den Forschenden gesehen, die es ihnen u. a. erlaubt, forschungsnahe Services aufzubauen.43 Wie schon 200144 wird dieses Engagement seit 2022 wieder explizit von Seiten der Wissenschaftspolitik erwünscht:45 Es soll eine Weiterentwicklung des Publikationsmarktes und die Entwicklung moderner Publikationsformate (Enhanced Publications) geben. Auch wird in den Papieren die Anforderung an Bibliotheken dargestellt, neue Finanzierungmodelle zu entwickeln und die Finanzströme z. B. in einem Informationsbudget zusammenzufassen. In diesem sollen (virtuell) alle Gelder der Einrichtung zusammenfließen, die mit Erwerbung, Publikationsservices, Drittmittel für Publikationen etc. zusammenhängen. Aus diesem (virtuellen) Budget können dann z. B. auch Publikationsservices weiterentwickelt werden.
Diese politischen Vorgaben finden auch in nationalen und internationalen Gremien ihre Weiterführung. So gilt auch im IFLA Report 2023 die technologische Transformation mit umfassendem Zugang zu Information als eine der wichtigsten fünf Trends der globalen Informationswelt: „The use of technological tools, as well as slow reforms to copyright, mean that it is possible for private actors to restrict and control information, even at a granular level, obliging permissions and payments.“46
Bei ZB MED und vielen weiteren Publikationsdienstleistern haben die politischen Vorgaben wie XML-Publizieren, Datenschutz und Barrierefreiheit zu weiteren technischen Neuerungen ihrer Plattformen geführt. Bei GMS wurde von Beginn an XML-basiert publiziert, die Workflows sind aber relativ arbeitsaufwändig. So hat ZB MED im Rahmen des Projektes MAK Collection einen weitgehend automatisierten XML-Publikationsworkflow entwickelt, der sukzessive bei Bedarf für alle weiteren Publikationsformate zur Verfügung stehen wird. Auch die politische Vorgabe der Barrierefreiheit, auf der GMS-Plattform bereits erfüllt, wurde innerhalb des Projektes MAK Collection auf dem PUBLISSO-System umgesetzt.47
Weitere technische Neuerungen, die das gesamte System des Wissenschaftlichen Publizierens revolutionieren können, wie die Large-Language-Models-Entwicklungen bspw. von ChatGPT oder anderen Tools, die künstliche Intelligenz (KI) verwenden, werden bei ZB MED aufmerksam verfolgt, um diese unter Beachtung der Konformität mit dem Datenschutz auf der GMS- und PUBLISSO-Publishing ggf. bei Bedarf zu implementieren. Während der Einsatz von KI im Review-Verfahren aufgrund der Vertraulichkeit der Inhalte zurzeit nicht durchgeführt werden sollte, können KI-Tools bereits bspw. zur Ideenfindung, Literaturrecherche oder zur stilistischen Verbesserung von Texten erfolgreich eingesetzt werden.48
Um die digitalen Publikationen auch langfristig auffindbar und zugreifbar zu halten, sind GMS und PUBLISSO-Publishing mit dem Langzeitarchivierungssystem von ZB MED verknüpft.49 Die bei OA-Veröffentlichungen übliche Open-Content-Lizenzierung wie Creative Commons erleichtert dabei die Rechteklärung.50
Aus den 20 Jahren Erfahrung von ZB MED im Scholar-led und Diamond OA Publishing kann festgehalten werden, dass sich das Engagement lohnt. Die GMS-Herausgebenden haben sich bewusst dazu entschieden, OA und bei einem wissenschaftsgeleiteten Publikationsdienstleister zu veröffentlichen und publizieren zum großen Teil seit 20 Jahren bei GMS. Dennoch ist beiden Seiten bewusst, dass scholar-led geführtes Publizieren mit einem relativ hohen Arbeitsaufwand für die Partner verbunden ist. Aufseiten des Publikationsdienstes muss die Technologie immer auf dem neuesten Stand gehalten und der Service dauerhaft und nachhaltig angeboten werden. Technische Neuerungen wie Enhanced Publications, die Ermöglichung von Open Peer Review, z. B. durch Kommunikationsplattformen, XML- und HTML-Publikationsformate, weitere Anforderungen aus den Fachdisziplinen oder politische Vorgaben wie die Veröffentlichung von Forschungsdaten, Barrierefreiheit und neue Datenschutzverordnungen müssen beachtet und implementiert werden, sodass die Plattformen State of the Art sowie innovativ und zukunftsweisend sind.
Auch aufseiten der Herausgebenden gibt es bei einem wissenschaftsgeleiteten Publikationsdienstleister einiges zu tun, auch wenn die Aufgaben der Publikation einem kommerziellen Verlag ähneln: Sie müssen geeignete Begutachtende für das Peer Review gewinnen, die Gutachten auswerten und für ihre Zeitschriften in ihren Communitys werben, damit genügend qualitativ hochwertige Artikel eingereicht werden. Im Gegenzug haben sie direkten Einfluss auf die technischen Entwicklungen der Publikationsplattformen und können Hinweise und Wünsche auf Verbesserungen oder neue Funktionen geben.
Eine der aktuellen Herausforderungen für Publikationsdienstleister und Herausgebende ist sicherlich die Frage, wie der mögliche Einsatz von KI-Tools das wissenschaftliche Publizieren verändern wird. Wo sind die wissenschaftlichen und auch ethischen Grenzen bei der Nutzung von KI beim Schreiben von wissenschaftlichen Texten? Für einen wissenschaftsgeleiteten Publikationsdienstleister einer wissenschaftlichen Bibliothek werden die Aufgaben und Herausforderungen auch in Zukunft nicht weniger werden, aber die Perspektiven und Möglichkeiten, einen Beitrag zur Transparenz in der Forschung zu leisten und diese sichtbarer zu machen sowie ihren Zugriff zu erleichtern, zahlen sich aus Sicht von ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften aus.